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Wie eine Feder schwebte Magnolita Rosaria, Tochter der berühmten Schlangenfrau "Lumaluma", einst quer durch die Kuppel des "Queen Pigmy"-Zirkusses. Könige lagen zu ihren zierlichen Füßen, doch entschied sie sich für den imposanten Zirkusdirektor und Raubtierdompteur Tarcisius. Doch der Rausch stieg ihr zu Kopfe und der Zirkus ging pleite.
Der Leser verfolgt in "Was Jones erzählt" die traurig-schaurige Geschichte, die der Moritatensänger "Jones" von der einst so schönen Zirkusprinzessin Magnolita Rosaria und ihren drei mißratenen Söhnen Abraham, Sutter und Todd zu erzählen weiß.
"Er atmete noch. Die Augen hatten sich geschlossen. Die Augen zuckten
manchmal unter der Tortour der Januarfliegen ... Eine traurige Geschichte, meine Damen und Herren! Denn der Mann, der da auf einem Strohsack dahinsiechte, dieses Gerippe, morsch wie dürres Holz, das seine Söhne jeden Tag mit dem Fuß anstießen, um es auf sein fliehendes Leben zu prüfen, dieser Mann war kein geringerer als der berühmte Tarcisius Nagalingam, der große Zirkusdirektor und Vater des ,Queen Pigmy -Circus."
Eine unmenschliche Bestie ist auch aus der einstigen Zirkusattraktion und Trapezkünstlerin geworden. Hoffend auf den baldigen Tod ihres Mannes schiebt Magnolita Rosaria die an ihr haftenden Fettmassen durch den kleinen schäbigen Ort Tompton am Rande der australischen Wüste. Ihre drei Söhne sind ihr zutiefst ergeben und unterstützen ihre Schlechtigkeit bis zum Rande der Selbstaufgabe.
Gespannt verfolgt der Leser den schicksalhaften Untergang der legendären Zirkusdynastie und lauscht mit seinem inneren Ohr den Erzählungen des Jones.
Vor Wut schäumend muß Magnolita Rosaria eines Tages mit ansehen, wie ihr jüngster Sohn Todd eine wohlbetuchte Witwe schon etwas reiferen Alters mit in ihr Haus bringt. Aus dieser Beziehung wird ein Kind entstehen, das den Kreis des Schicksals schließen wird.
"Durch einen schnellen Schnitt mit einer durchs Feuer gezogenen Klinge trennte Magnolita das Kind von der Mutter. Sie nahm das Neugeborene, wusch es und wickelte es in ein Tuch ... Doch in dem Moment hat sich der Wind gedreht. Die Alte lächelt nicht mehr. Sie lüftet die Lumpen, entblößt das Kind, hebt es an den Pfoten hoch wie ein Karnickel. ,Es ist ein Mädchen. Todd senkt den Kopf und begreift, daß er versagt hat."
Was der grausamen Alten noch alles an Bosheiten einfällt und wie letztendlich jeder zu seiner gerechten Strafe findet, ist eine aufregende Geschichte, die sich niemand entgehen lassen sollte.
Catherine Rey: "Was Jones erzählt", Unionsverlag, Zürich 2005, geb., 266 Seiten, 19,90 Euro |
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