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Das schwelende Problem der US-Amokläufer

 
     
 
Im März endete eine Schulfeier der Beach High School in Savannah im US-Bundesstaat Georgia in einem Blutbad. Ein 19jähriger hatte einen Gleichaltrigen erschossen und zwei weitere Personen verwundet. Der Täter konnte identifiziert und verhaftet werden. Allerdings ergab das anschließende Verhör keinerlei Erkenntnisse hinsichtlich eines Motivs für diese Bluttat.

Ein Jahr nach dem Amoklauf zweier Schüler an der Columbine High School im US-Bundesstaat Colorado ist die Sicherheitslage an amerikanischen Schulen unverändert. Vor einem Jahr hatten die beiden Jungen Dylan Kleebold und Eric Harris zwölf Mitschüler
und dann sich selbst mit automatischen Waffen getötet. Zuvor hatten sie noch zahlreiche Sprengladungen im Gebäude deponiert, die von Experten entschärft werden mußten.

Die beiden verwirrten Täter galten als ausgemachte Außenseiter, und manche identifizierten sie – letzter Ausweg bei fehlenden Antworten – gar als Neonazis. Einen wirklichen Grund oder Auslöser für das Massaker konnten aber weder die Mitschüler noch ihre Lehrer oder Eltern ausmachen. Erst vor zwei Monaten wurden die schlimmen Ereignisse an der Columbine High School vom Vorjahr erneut ins Gedächtnis gerufen, weil zwei weitere Schüler dieser Schule Opfer einer scheinbar grundlosen Schießerei in einem Schnellimbißrestaurant geworden sind. Es läßt sich leider nur gesichert feststellen, daß die Schüler, die zu Mördern werden, immer jünger werden. 1998 haben zwei Jungen aus Jonesboro, Arkansas, fünf Mitschüler mit drei Gewehren und vier Pistolen getötet. Die Täter waren besonders gründlich in der Planung und Vorbereitung vorgegangen. In der Untersuchungshaft kehrte dann eine typisch kindliche Verhaltensweise zurück. Statt des servierten Abendessens verlangten sie schlichtweg eine Pizza.

Zwar gehören Metalldetektoren und Sicherheitsdienste nach wie vor zu den Ausnahmen und sind allenfalls in unsicheren Großstadtvierteln reicher Leute anzutreffen. Auch wird vieles durch die Berichterstattung übertrieben dargestellt. Trotzdem geht an amerikanischen Schulen die Angst vor Amokläufern aus den eigenen Reihen um, da die Zahl der Fälle in den 90er Jahren ständig gestiegen ist. Und die besonders spektakulären Fälle ereignen sich oft jenseits der sozialen Brennpunkte, nämlich in den Vorstädten und in ländlichen Gegenden Amerikas. Präsident Clinton gab unlängst bekannt, 120 Millionen Dollar in die Sicherheit amerikanischer Schulen investieren zu wollen. Der größte Teil davon soll einem verstärkten Polizeischutz zugute kommen.

Die Frage nach den Ursachen für diese Form der Gewalt ist eines der großen Rätsel der amerikanischen Vielvölkergesellschaft und liegt vielleicht gar darin begründet. Die Vielzahl von Gewaltexzessen ist in anderen Ländern undenkbar. Natürlich ist einer der naheliegenden Gründe die freie Verfügbarkeit von Waffen, die in den USA durch die Verfassung geschützt ist und gegen die politische Organisationen seit Jahren erfolglos Sturm laufen. Während sich hierzulande ein eher harmloser Streit in einer Prügelei oder schlimmstenfalls einer Messerstecherei entlädt, greifen amerikanische Schüler eben zur Waffe.

Aber dieser Erklärungsansatz reicht bei weitem nicht aus, wie die vielen Länder beweisen, in denen Waffenbesitz an ähnlich niedrige Voraussetzungen gekoppelt ist. Man denke nur an die Schweiz, in deren Schulen im Hinblick auf Gewalttaten im Vergleich zu den USA geradezu paradiesische Verhältnisse herrschen. Auch die Desensibilisierung durch gewalttätige Computerspiele und Videos spielt allenfalls am Rande eine Rolle, denn die Jugendlichen wissen zwischen Realität und Phantasie gut zu unterscheiden.

Auch die "New York Times" gibt sich in einer Studie über Amokläufe in den letzten 50 Jahren relativ ratlos. Eine wichtige, aber auch nicht gerade spektakuläre Erkenntnis ist, daß ein Großteil der Täter als psychisch krank beurteilt werden kann. Dabei scheint das gesamte soziale Umfeld die Anzeichen im Vorfeld der Taten ignoriert zu haben. Viele der Täter haben ihre Amokläufe nicht nur gut geplant, sondern auch großspurig angekündigt, ohne daß sie von ihren Mitmenschen ernst genommen worden wären. 63 Prozent der Amokläufer hatten schon vorher kleinere Gewalttaten begangen. Die meisten begehen nach der Tat Selbstmord. Bei fast der Hälfte der Täter war Schizophrenie diagnostiziert worden, ein Viertel nahm sogar Medikamente. Wiederum die Hälfte davon hatte die Medikamente eigenmächtig vor der Tat abgesetzt.

Definiert man die Täter nach ihrer Hautfarbe, so spiegelt sie fast 1:1 die amerikanische Gesellschaft wider.

 
     
     
 
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