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Der Geist Gottes

 
     
 
Nach einem langen Flug setzt die Boing 747 sicher auf dem Rollfeld des Flughafens Harare, der Hauptstadt Zimbabwes, in Afrika auf. Fröhlich steige ich aus und gehe zum Empfangsgebäude, wo ein Auto auf mich wartet, um mich zu der kleinen Gruppe zu bringen, die mit einem kundigen Führer und Dolmetscher das Land ein wenig erkunden wird. Doch schnell vergeht das Lachen, denn weit und breit ist weder der zugesagte Fahrer noch das Auto zu sehen. Die "Landessprache" Shona kenne ich nicht, und mit meinen Englischkenntnissen bin ich sehr schnell am Ende. Die Rettung kommt in Gestalt meines Freundes, eines deutschen Jesuiten, der in der Trabantenstadt Mbare als Pfarrer tätig ist und bei dem ich nach der Rundreise noch eine Woche zu Gast bin und einige "Studien" machen kann, aber anderer Art als in den Tagen vorher. Es ist eine Erfahrung und ein Gefühl der Hilflosigkeit
und der Ohnmacht, wenn man sich nicht einmal mehr durch Zeichen – mit Händen und Füßen – verständlich machen kann. Das ist ein Ergebnis der babylonischen Sprachverwirrung.

Ein anderes aber – so meine ich – ist weitaus schlimmer: Wir haben es erlebt, wie in einer gespaltenen Welt, in unserem gespaltenen Land die gleiche Sprache gesprochen wurde, die gleichen Worte gebraucht wurden, und man doch ganz unterschiedliche Inhalte damit ausdrückte, so daß man sich verstand – und sich doch nicht mehr verstand und somit geistig eine Kluft entstand; dieses brauchte dann wiederum anders geartete Klammern, etwa den Glauben und anderes mehr, um diese Kluft echt zu überbrücken.

Am schlimmsten ist es aber für unsere Welt und die Völker, daß sich Menschen nicht verstehen und nicht zueinander finden, die an den gleichen Gott Jesus Christus glauben, gleichermaßen auf ihn hoffen und ebenso überzeugt seine Liebe verkünden. Ist hier noch immer der alte babylonische Geist am Wirken: Sein wollen wie Gott? Angst um Macht und Einfluß? Spielten diese Fragen bei den Kirchenspaltungen nicht eine erhebliche Rolle?!

Orts- und Szenenwechsel: Pfingsttag – sagen wir: im Jahre 33 n. Chr. – in Jerusalem. Eine große Menschenmenge ist zusammengelaufen, weil etwas Ungewöhnliches passiert ist: "Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber, wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden." (Apg. 2, 7–11.)

Der Turmbau zu Babel, dieses Sinnbild der Hybris des Menschen, sein Stolz, seine Überheblichkeit, sein Sein-Wollen wie Gott, sein Gefangensein von der Machbarkeit all seiner Ideen, brachte alles durcheinander und führte zum Zusammenbruch. Was wir brauchen, ist das Gegenteil: in aller Demut vor Gott, vor der Schöpfung, vor dem Leben, vor dem Menschen uns dem Geiste Gottes öffnen, wie damals in Jerusalem, um die gegenseitige Verständigung wieder herzustellen und zu ermöglichen. Wir leben zwar nicht in einer heilen Welt und wir können auch nicht das Paradies auf Erden schaffen, aber wir können doch dem Geist Gottes Raum geben und mitwirken, daß wenigstens an einigen Stellen in der Welt und im Leben etwas davon sichtbar und erfahrbar wird. Müssen wir denn – und das unter dem Deckmantel der Freiheit, dre Mitmenschlichkeit, der Religion – ungeborene und alte Menschen umbringen? Müssen wir denn Kriege führen? Müssen wir denn immer größere Machtblöcke schaffen? "Von allen guten Geistern verlassen", sagt ein Sprichwort. Sind wir es tatsächlich? Wir haben die Chance, von allen guten Geistern besessen zu werden. Zumindest wir alle, die wir uns zu Jesus Christus bekennen, sollten uns be-geistern lassen. Der Apostel Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth (1. Kor. 12,13): "Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt."

"Der Geist des Herrn durchweht die Welt gewaltig und unbändig." An uns liegt es, sein Wirken nicht zu behindern, sondern mitzuwirken, daß das Gute sich Bahn bricht und durch diesen Geist die Liebe Gottes zu seiner Schöpfung sichtbar und erfahrbar wird.

 
     
     
 
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