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An dieser Stelle möchten wir an einen Mann, einen Dichter erinnern, der durch die Bewältigung seines persönlichen Schicksals vielen Menschen ein Vorbild wurde, der durch sein schriftstellerisches Schaffen vielen aber auch Freude bereitet hat: Walter Scheffler, der vor 120 Jahren in Königsberg geboren wurde.
"Man steht seinen eigenen Kindern meistens selbst zu nahe, um ihren Wert oder Unwert mit Sicherheit bestimmen zu können", hat Walter Scheffler einmal selbstkritisch bekannt. Und: Ganz zufrieden sei er niemals mit seinen Arbeiten... Seine große Lesergemeinde, die den Dichter auch heute, mehr als drei Jahrzehnte nach seinem Tod am 17. April 1964, noch nicht vergessen hat, war jedoch anderer Meinung. Seine Bücher, inzwischen nur noch antiquarisch zu haben, stehen in vielen Bücherschränken die Gedichtsammlungen "Mein Lied", "Mein Königsberg", "Sonette um Kant", die autobiographischen Erzählbände "Walter von der Laak", "Walters Lehrjahre". In ihnen beschreibt der am 15. September 1880 im Herzen von Königsberg als Sohn des Schneiders Gottlieb Scheffler Geborene sein Schicksal.
In jungen Jahren verlor Walter Scheffler sein Gehör ein schweres Los für einen, der schon bald beschlossen hatte, zur Feder zu greifen. "Es war schon schlimm genug für ihn, daß ihm das verriegelte Ohr ein Belauschen der Menschenseelen unmöglich machte", schrieb Scheffler in seinen Erinnerungen. "Da wollte er sie wenigstens in ihren Gesichtern und ihrem Gebaren beobachten. Der Tiergarten bot dazu gute Gelegenheit. Wenn man so am schönen Sommerabend an der taghellen Hauptpromenade, der ,Rennbahn saß und die endlose Reihe der geputzten Besucher auf- und abwallen sah, schwatzend, klatschend, flirtend, Musik genießend welche Fülle von Gestalten und Angesichtern, wieviel Schönheit, Torheit und Glück ..."
Getreu einem Motto aus einem seiner wohl schönsten Gedichte, "Ös dat nich wedder de Fröhjahrswind?", lebte auch Walter Scheffler: "De Wärtel öm Boddem, dem Kopp önne Höcht et läwt sök noch ganz goot!" Immer wieder sprühen Zuversicht und Trost aus den Zeilen eines Mannes, dem Margarete Kudnig, Freundin aus Königsberger Jahren, ein sicheres Gefühl für Rhythmus und für die Schönheit der Sprache bescheinigte. "Eine scharfe Beobachtungsgabe, seine enge Verbundenheit mit der Vaterstadt und sein unverwüstlicher Humor waren das immer wirkende, sein Schaffen bestimmende Element." Agnes Miegel, die Walter Scheffler ihren "lieben Pregelgreis" nannte und mit ihm die Flucht aus der gemeinsamen Vaterstadt und die erste Zeit der Verbannung im dänischen Internierungslager erlebte, schrieb einmal über das Schaffen des ostdeutschen Landsmanns: "Was mich besonders bewegt, ist die tiefe Lebensweisheit, das gelassene, nicht mehr hadernde, zu leisem Humor verklärte Überblicken des eigenen harten Lebens und schweren Schicksals ..."
Gewiß, Walter Scheffler war "nur" ein Heimatdichter, aber einer in des Wortes bester Bedeutung. "Die große Welt zu verändern oder gar zu verbessern durch sein Schaffen, hat er sich nie angemaßt", so Margarete Kudnig. "Aber er hat durch sein Vorbild vielen verzagten Menschen, besonders seinen Schicksalsgefährten, neuen Lebensmut gegeben, er hat seinen Landsleuten ein Stück Heimat geschenkt, er hat den Traurigen das Lachen gelehrt er hat nicht umsonst gedichtet und getrachtet." Und das ist viel! os
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