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Droht Schröder Schmidts Schicksal?

 
     
 
Bei Redaktionsschluß dieser Folge wollte kein Reichstags-Augure auch nur noch einen blanken Heller geben für das Überleben der rot-grünen Koalition. Westerwelle bei Schröder, Schröder bei Amtsvorgänger Schmidt - dann das Gerede von der Vertrauensfrage. Kein Zweifel, die Sache ist wohl gelaufen.

Rot-Gelb? Kaum zwanzig Jahre nach dem von der SPD demagogisch zum „Verrat“ umgedeuteten Wechsel der Liberalen zur Union sind die Wunden von 1982 verheilt. Keiner der damals Hauptverantwortlichen sitzt heute noch in der ersten Reihe. Sachlich steht man sich kaum ferner als die Koalitionäre Schmidt und Genscher, als sie sich noch mochten.

Warum also nicht? Nun, Kanzler Schröder
war nicht umsonst bei Helmut Schmidt. Der konnte ihm von bitteren Erfahrungen berichten mit linken Friedensbewegungen, die ihn einst letztlich ums Kanzleramt brachten. So, wie sich die in die Jahre gekommenen Grünen mit großem Wortgeklingel schon im Kosovo-Krieg von ihren pazifistischen Wurzeln entfernt hatten, werden sie mit gleicher Chuzpe zu eben diesen zurückkehren, sind sie erst einmal vom süßen Gift der Machtteilhabe abgeschnitten.

Baut Schröder nach den jüngsten Erfolgsmeldungen auf ein schnelles Ende des Krieges, womit eine neue Friedensbewegung für ihn ungefährlich, weil obsolet würde? Damit ginge er nach Lage der Dinge ein gewagtes Spiel ein. Die Taliban zogen sich Anfang der Woche vorerst lediglich in die unwegsamen Bergregionen des Südens zurück, wo ihre paschtunischen Stammesgenossen leben. Experten sind sich einig: Ein Krieg im Süden Afghanistans wird sich von dem im Norden (wo die der Nordallianz zugeneigten Volksgruppen dominieren) erheblich unterscheiden. Setzen sie den Krieg fort, kämpfen die Taliban von nun an als Partisanen auf Heimatboden - fast wie seinerzeit gegen die Russen.

Sollte dieser Konflikt lange dauern, werden Grünen alles daran setzen, aus dem Unbehagen der Kriegsgegner innerhalb der SPD kräftig Honig zu saugen, wie dies teilweise sogar der PDS gelungen ist. Sie werden hinarbeiten auf ein ähnliches Szenario wie zu Beginn der 80er Jahre, als die SPD - ebenfalls in eine sozialliberale Koalition gebunden - unter dem Druck einer Friedensbewegung derart ausfranste, daß es sie schließlich die Macht kosten sollte. Dies war die Geburtsstunde der Grünen, ihre „gute alte Zeit“.

Auch wenn eine neue Friedensbewegung kaum jemals die Mobilisierungsfähigkeit der frühen 80er erreichen wird - die Gegnerschaft zum Krieg wächst stetig, auch im Lager der Sozialdemokraten. Bislang fehlt denen, für die PDS wählen nicht in Frage kommt, nur ein Auffangbecken.

Ein Schritt nach vorn wäre Rot-Gelb für Schröders Machtkalkül allerdings auf dem anderen wahlentscheidenden Kampfplatz: Die Arbeitslosigkeit steigt rapide, die Wirtschaft steht am Rande der Rezession - kurzum, das Wahljahr 2002 wird kein gutes Jahr für die Wirtschaft sein.

Natürlich bedarf es beträchtlicher Phantasie für diese Vorstellung, aber einmal angenommen, die Union überwindet in den kommenden Monaten ihren jämmerlichen Zustand und bringt eine halbwegs brauchbare Oppositionsarbeit auf den Weg; die anlaufende Wirtschaftsmisere böte ihr breite Angriffsflächen. Bei der Abwehr christdemokratischer Attacken könnte Kanzler Schröder dann vom Koalitionspartner FDP durchaus profitieren. Wirtschaftskompetenz scheint den Liberalen nach allgemeinem Vorurteil ja sozusagen angeboren. Zudem eignen sie sich blendend als Blitzableiter für mißgelaunte Gewerkschaften.

 
     
     
 
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