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Hersteller und Vertreiber von Videospielen beteuern ebenso wie Fernsehmacher gern, daß ihre Angebote kaum einen negativen Einfluß auf die Jugend hätten. Auch junge Menschen seien imstande, Illusion und Wirklichkeit, soll heißen: Bildschirm und wahres Leben, zu unterscheiden. Daß die jungen Amokläufer, die in den vergangenen Jahren Deutschland
schockierten, durchweg rege Konsumenten von Gewaltvideos und brutalen Computerspielen waren, wird gern als tragischer Einzelfall abgetan. Eine neue Studie beweist das genaue Gegenteil: Computer, Spielkonsolen und reichlicher TV-Konsum lassen demnach die Kinder verdummen. Sie tritt damit auch der Behauptung von Medien- und Spieleproduzenten entgegen, daß deren Angebote die jungen Menschen durch die dargebrachten Informationen und den spielerischen Umgang mit dem technischen Gerät weiterbildeten und für die moderne Welt fit machten.
In einer breit angelegten Studie will das „Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen“ (KFN) unter der Leitung des Kriminologe n Christian Pfeiffer herausgefunden haben, daß sich insbesondere Computerspiele äußerst negativ auf die schulischen Leistungen der Kinder auswirken.
Die Forscher des KFN haben 6000 Viert- und 17000 Neuntkläßler in elf Städten und Regionen nach ihrem schulischen Umfeld und ihrer Freizeitgestaltung befragt und dabei ermittelt, welche Medien sie nach Schulschluß nutzen. Die Ergebnisse wurden dann abgeglichen mit den schulischen Leistungen in Deutsch, Mathematik und Sachkunde.
Ergebnis: Am besten schneiden die Schüler ab, die keins der genannten Geräte zur ständigen Verfügung haben. Am schlechtesten diejenigen, die sowohl einen eigenen Fernseher als auch einen Computer und eine Spielkonsole ihr eigen nennen. In Dortmund beispielsweise besitzen von den befragten männlichen Viertkläßlern beinahe zwei Drittel ein eigenes Fernsehgerät, bei den Mädchen immerhin knapp 50 Prozent. In München verfügen nur 28 Prozent der gleichaltrigen Jungen und 17,6 Prozent der Mädchen über eine Glotze im Zimmer. Auch bei Spielkonsolen und Computern sind die Dortmunder um ein mehrfaches „besser“ ausgestattet als ihre Münchner Kameraden. Bei den schulischen Leistungen schnitten die Münchner im Pisa-Vergleich jedoch deutlich besser ab als die jungen Dortmunder.
Kein Zufall, behauptet KFN-Leiter Pfeiffer gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen“: Die Flut der Eindrücke, denen die Kinder im TV, am Computer oder in Videospielen ausgesetzt seien, überlagere die Schulbildung. Wegen der Wucht der Bilder im Kopf könnten sie dem Unterricht kaum in dem Maß folgen wie jene Alterskollegen, die den vorigen Nachmittag beim Spielen mit Freunden, mit Sport oder Musizieren verbracht hätten.
Pfeiffer verweist indes darauf, daß Dortmund auch die ärmere Stadt sei, in der der durchschnittliche Bildungsgrad der Eltern niedriger sei als etwa im reichen München, wo Anregung und gezielte Förderung durch das Elternhaus wegführten vom stupiden Herumhängen an Bildschirmen.
Halbzeit in Deutschland: Für die Fußballstars beginnt in den WM-Stadien jetzt der Ernst des Lebens – die K.O.-Runden stehen an. Nur die Weltmeisterschaft der künstlich intelligenten Kicker ist bereits entschieden. |
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