Durch Nichthandeln erledigt

Zuerst die gute Nachricht: Unsere Bundesregierung ist - entgegen allen Anwürfen unverbesserlicher Kritiker - mutig und entscheidungsfreudig. Nach dem bewährten Motto "Durch konsequentes Nicht-Handeln von selbst erledigt" hat sie sich tapfer gegen die 70prozentige nichtrauchende Mehrheit des Volkes und für die Interessen der Tabakindustrie entschieden und dafür gesorgt, daß alle Pläne, als eines der letzten Länder Europas im öffentlichen Raum die Belästigung und Gefährdung durch Nikotin einzuschränken, sich in blauen Dunst auflösen. Um es mit der Tapferkeit nicht gleich zu übertreiben, verzichtete das Bundeskabinett darauf, auf Sachargumente einzugehen; die Daten, Fakten und Forschungsergebnisse seriöser Institute wie des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg wirkten wohl doch zu bedrohlich und unanfechtbar. Also durften Justizministerin und Innenminister "verfassungsrechtliche Bedenken" entdecken, hinter denen die heldenhaften Kabinettsmitglieder sich verschanzen konnten.

Da reibt sich der Bürger, ob Raucher oder Nichtraucher, verwundert die Augen, welchselbige uns diese unsere Größte Koalition aller Zeiten nun endlich geöffnet hat: einfach toll, was dieses Grundgesetz

so alles hergibt, für was alles es herhalten kann. Wenn man uns, das Volk, je gefragt hätte - einer so ergiebigen Verfassung hätten wir doch alle freudig zugestimmt!

Vielleicht aber sollte man diese tolle Verfassung in einigen Punkten doch den Realitäten anpassen. Zum Beispiel wäre "Alle Macht geht von den Lobbyisten aus" eine durchaus zeitgemäße Fassung für Artikel 20 Absatz 2.

Und nun die schlechte Nachricht: Nachdem der Bund mit fadenscheinigen Argumenten die Verantwortung für den Nichtraucherschutz auf die Länder (im Klartext also: auf den Sankt-Nimmerleins-Tag) abgeschoben hat, werden wir weiter mit der traurigen Gewißheit leben müssen, daß Zigtausende an den Folgen des Aktivrauchens (Lungenkrebs, Herzinfarkt usw.) und mindestens 3000 Menschen jährlich an den Folgen des Passivrauchens sterben werden. Vor Jahrzehnten amüsierte man sich über makabre Sprüche wie "Siehst du die Kreuze am Wegesrand? / Das sind die Opfer von ,Rote Hand !" Dazu die neudeutsche Alternative: "Dreitausend Tote per anno / das sind die Opfer von Merkel, Münte & CO.!"

Seit Monaten werkelt diese regierungsamtliche Laienspielschar an einer "Gesundheitsreform" herum, die weder mit Gesundheit noch mit Reform etwas zu tun hat, um so mehr aber mit schamloser Abzockerei. Um ihren Amtseid zu erfüllen und Schaden vom deutschen Volke abzuwenden, sollte die Bundesregierung diese Pseudo-Reform endlich dahin befördern, wo sie hingehört (nämlich in den Papierkorb).