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Eine Kindheit zwischen vom Krieg verstörten Erwachsenen

 
     
 
Nachkriegszeit im bayrischen Fürstenfeldbruck, wo die letzten Trümmer noch nicht beseitigt sind, doch es sind vermutlich nicht diese Trümmer, die Bernd Späth dazu veranlaßt haben, seinen Roman "Trümmerkind" zu nennen. In diesem autobiographischen Roman geht es vielmehr um die Trümmer in den Seelen der Menschen. Die Hauptfigur Wolf Achinger wird 1950 in eine Familie voller verstörter, kaputter Menschen hineingeboren. Sein Vater kann den Krieg nicht überwinden, wo er zu den Helfern bei der Wilhelm-Gustloff-Katastrophe gehörte und die Erinnerung an die vielen geborgenen Leichen nicht verdrängen. Er haßt alles und jeden, wobei seine besondere Abneigung den Juden und US-Amerikanern sowie seinen Schwiegereltern gilt. Die Mutter flüchtet aus der unrettbaren Ehe, als Wolf noch ein Kleinkind ist, und die neue Stiefmutter entpuppt sich schnell als gestörte Hysterikerin. Die Familie ist ein Trümmerhaufen und häufig geraten der regelmäßig angetrunkene Großvater und der Vater aneinander, aber die finanzielle Situation bindet die Menschen aneinander, die sich über das Abhängigkeitsverhältnis sehr wohl im klaren sind und sich so nur noch mehr hassen.

Trotz allem ist das Buch nicht deprimierend, da alles aus der staunenden, fragenden Sicht eines Kindes und Heranwachsenden geschrieben ist, der sich vor allem nicht unterkriegen läßt. Selbst pubertäre Selbstmordgedanken werden vom ungebrochenen Lebenswillen besiegt
. Abgesehen davon werden selbst die tragischsten innerfamiliären Krisen so amüsant präsentiert, daß die Tränen aufgrund der Situationskomik und vor allem wegen der originalgetreuen bayrischen Dialoge zu Lachtränen werden. Zudem werden auch die normalen Probleme des Erwachsenwerdens geschildert, und alleine die unangenehme öffentliche Debatte im Eiscafé über Wolfs Jungfräulichkeit ist schon die Lektüre des Buches wert, wobei hier jeder Wohlanständige und auch jeder Fürstenfeldbrucker vor der Lektüre gewarnt werden sollte, denn abgesehen von einigen unnötigen Längen, geht es manchmal ziemlich deftig zu. Die Einwohner Fürstenfeldbrucks werden als scheinheilige, saufende, hurende Spießer beschrieben, was nun wahrhaftig nicht sehr freundlich ist.

Im Ganzen ist Bernd Späth neuestes Werk mit gemischten Gefühlen zu betrachten, da sich neben einigen äußerst gelungenen Kapiteln auch einige mißglückte befinden. Überdies ist die derbe Sprache nicht jedermanns Geschmack. Fritz Hegelmann

Bernd Späth: "Trümmerkind", Lübbe, Bergisch-Gladbach 2002, gebunden, 430 Seiten, 22 Eur
 
     
     
 
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