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"Es gibt noch einen Verfassungsrichter in Deutschland", stellte der Stammtisch im Deutschen Haus fest, "und das ist Hans-Joachim Jentsch". Dieser Jurist mit großer politischer Erfahrung als Bundestagsabgeordneter, Landesminister und Bürgermeister hatte als einziger von acht Verfassungsrichtern des 2. Senats am Bundesverfassungsgericht gegen das Verfahren gestimmt, mit dem der 15. Bundestag aufgelöst worden ist.
Am Stammtisch hieß es, das Grundgesetz kenne kein "konstruiertes Mißtrauen des Bundeskanzlers gegenüber dem Parlament", wie das Jentsch zu seiner Entscheidung festgestellt habe. Hatte doch der derzeitige Kanzler im Parlament stets eine stabile, wenn auch knappe Mehrheit gehabt. Diese sei bei der sogenannten "Vertrauensfrage" durch das Eingreifen des SPD-Parteivorsitzenden Müntefering manipuliert worden, der seine Fraktion zur Stimmenthaltung animierte. Das sei nichts anderes als die mehr oder weniger gewaltsame Umbiegung der Verfassung, um ein vordergründiges parteipolitisches Ziel zu erreichen.
Die Notwendigkeit solcher Tricks und Machenschaften sei es, so hieß es am Stammtisch, die Politikverdrossenheit und Instabilität befördert. Bleibe nur die Hoffnung, daß der neue Bundestag auch in dieser Problematik entschlossen und zügig eine neue verfassungsrechtliche Wirklichkeit schaffe, die der in einem halben Jahrhundert erwachsen gewordenen Demokratie gerecht werde. Es sei zu hoffen, daß Jentsch daran erinnere. |
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