|
Ähnlich wie wir kannten auch schon die Römer ein dreigleisiges Unterrichtssystem. Mit dem siebten Lebensjahr vertraute man das Kind einem Lehrer (Iitterator, magister ludi) an, der im allgemeinen seinen Unterricht in einem Laden in der Nähe des Forum abhielt und Lesen, Schreiben und Rechnen lehrte. Lediglich die ärmeren Leute schickten ihre Kinder zu einem Iitterator. In Großfamilien wurde diese erste Erziehungsphase der Mutter oder einer Verwandten überantwortet, die dem Kind die moralischen Tugenden lehren sollte. Ein Privatlehrer, gewöhnlich ein Sklave oder ein Freigelassener , übernahm die erzieherischen Aufgaben.
Um das elfte Lebensjahr herum etwa wechselte der kleine Römer zum grammaticus. Dieser lehrte den korrekten Gebrauch der Sprache und erklärte die klassischen Autoren; zu augusteischer Zeit waren dies der Theaterschreiber Terenz , der moralisierende Historiker Sallust , der Sprachmeister Cicero und Vergil , der bedeutendste Dichter. Die Auslegung der Texte erfolgte durch geschichtliche, mythologische und geographische Exkurse, die die Texte verständlich machen und auch den Bildungshunger befriedigen sollten. Bildung bedeutete bei den Römern mehr literarische als naturwissenschaftliche Bildung. Doch im Verlauf dieser zweiten Phase lernte der Heranwachsendeebenso auch Griechisch und die Texte griechischer Autoren; die Kenntnis dieser Sprache sollte ihm sehr nützlich werden, wenn er sich spezialisieren wollte.
Die dritte Phase war der Unterricht bei einem rhetor, der jungen Männern um die 17 Jahre die Kunst des Wortes lehrte, die man brauchte, wollte man eine politische Laufbahn einschlagen. Hier wechselten sich bald rhetorische Übungen mit öffentlichen Verlautbarungen (declamationes) ab und man verhandelte erfundene Gespräche, die man nach den beiden Arten der Rede unterschied: Die suasoria, die beschließende Rede (etwa Hannibal , der sich nach Cannaes fragt, ob er nach Rom marschieren solle) oder die controversia, die Gerichtsrede (etwa der Streit uni die unterschiedliche Auslegung von Gesetzestexten). Ein Rechtslehrer (magister iuris) vermochte die Ausbildung der zukünftigen Redner abzurunden. Die rhetorischen Studien wurden meist von einer Reise nach Griechenland gekrönt, die zu einem renommierten Philosophen oder Rhetoriker führte, der die Erziehung und kulturelle Bildung vervollkommnete.
Neben dieser Allgemeinbildung gab es – meist in Griechisch – Spezialunterricht für Architekten, Vermessungstechniker, Ärzte etc. Doch ein Typus des höheren Unterrichts verdiente besondere Beachtung: die Lehre der Gesetze . Der zukünftige Redner folgte nicht nur dem Unterricht der Rhetorik, sondern lernte auch, häufig in theoretischem Unterricht bei einem magister iuris, das Recht. Dieser Unterricht scheint schon seit dem Ende der Republik existiert zu haben: Cicero selbst schrieb in De in-ventione rhetorica darüber, wie man die Rechtskunst wirkungsvoll darlegt. Im 2. Jh. n.Chr. gab es öffentliche Rechtsschulen, die wohl in der Nähe von Tempeln lagen, weil sich bei diesen die Bibliotheken befanden. Auch gab es Handbücher: Institutiones, Responsa, Digesta.
Älter aber als der theoretische Unterricht und Ergänzung desselben war der praktische Rechtsunterricht: Der junge Mann begab sich zu einem Juristen , um diesem bei seinen Sprechstunden beizuwohnen. Tiberius Coruncarius, Konsul 280 v.Chr., soll damit begonnen haben, öffentliche Sprechstunden abzuhalten. |
|