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Familienpolitischer Lendenschurz

 
     
 
In schöner Regelmäßigkeit, etwa alle drei Wochen, lobt Familienministerin Renate Schmidt sich selbst. Das geschieht meist im Verein mit Wirtschaftsverbänden. Die "Allianz für die Familie" - im niedersächsischen Kleinformat gab es das auch mal bei der Union - habe gezeigt, meinte sie letzte Woche, wie junge Menschen in ihrem Kinderwunsch
ermutigt werden könnten. Es folgte (weil die Wirtschaft hierauf und nicht auf das Kindeswohl besonderen Wert legt) das übliche rot-grüne Loblied auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie dank besserer Betreuung. Nun, der Kinderwunsch wurde zwar nicht erfüllt, weil den jungen Paaren die Fremdbetreuung weniger am Herzen liegt als den Politikern und Wirtschaftsbossen. Aber das hält den Fortschritt der "Allianz" nicht auf.

Diesmal krönte Frau Schmidt die Feier mit der Forderung, die Kinderbetreuungskosten sollten besser von der Steuer abgesetzt werden können. Das macht sich gut, auch wenn man zu den Forderungen erst einmal die zuständigen Minister hören müßte. Aber im Gegensatz zu ihren Kollegen Eichel und Clement ist es Frau Schmidt gelungen, den Eindruck des familienpolitischen Fortschritts zu vermitteln. Sicher, die Geburtenquote dümpelt nach wie vor im letzten Drittel Europas herum, und die Verarmung der Familien ist auch nicht gestoppt - durch Hartz IV wird sich die Zahl der von Sozialhilfe lebenden Kinder in Deutschland in diesem Jahr sogar auf zwei Millionen verdoppeln - , aber es zählt das gesendete Bild und das veröffentlichte Wort.

Einige tatsächliche Fortschritte sind dennoch zu verzeichnen - im Millimeterbereich. Und das ist immer noch mehr, als die Union verspricht. Gewiß, man sollte nicht zuviel versprechen, aber eine Vision oder wenigstens eine Perspektive könnte es schon sein. Vor drei Jahren hatte die Union ein kleines Programm, das aber von der jungen Dame aus dem Osten namens Katharina Reiche nicht glaubwürdig vertreten wurde. Heute hat die Union eine glaubwürdige Vertreterin, die niedersächsische Sozialministerin und Mutter von sieben Kindern, Ursula von der Leyen, aber kein Programm mehr. Denn bei ihrem Selbstlob vergaß die Bundesministerin selten, so en passant auch noch das eine oder andere familienpolitische Element der Union in die eigene Tasche zu stecken. Das letzte Stück hat Frau Schmidt jetzt eingeheimst, indem sie in ihrem Strategiepapier eine Bündelung der bisherigen staatlichen Leistungen forderte. Das war der letzte Teil vom familienpolitischen Lendenschurz der Union.

So kann man mit kleinen Ankündigungen große Politik machen und den politischen Gegner abhängen. Die Union sollte endlich aufwachen. Familienpolitik ist kein Schönwetterthema, es ist eine Grundsatzfrage. Deswegen gehen viele Eltern wählen - oder bleiben zuhause.
 
     
     
 
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