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Momper, der erwiesenermaßen zunächst der deutschen Einheit mehr als nur kritisch gegenüberstand und jetzt erstaunlicherweise seinen moderaten und dem rechten Flügel der Partei zugerechneten Gegenkandidaten Klaus Böger bei jener Unwahl aus dem Felde schlug, weiß als listenreicher Politiker sehr wohl um die diversen Kainsmale, die ihn seit dem Ende der 80er Jahre zieren. Deshalb überschlug er sich nach seiner Nominierung geradezu mit Beteuerungen, er werde, sollte er die Wahlen zum Abgeordnetenhaus gewinnen, auf keinen Fall mit der kommunistischen PDS ein Bündnis eingehen oder sich in der Regierungsverantwortung durch die SED-Nachfolgerin tolerieren lassen.
"Ich werde nicht mit der PDS zusammenarbeiten", heißt denn auch das in der "Berliner Morgenpost" wiedergegebene Momper-Credo. Vor dem Bildschirm gab der neue SPD-Hoffnungsträger allerdings gleich noch eine Zugabe: die Alternative Liste hätte damals innerhalb kürzester Zeit eine innere Wandlung erfahren und deshalb eine rotgrüne Koalition ermöglicht. Da war sie also, die listenreiche Hintertür des Genossen, die sich, mit Verlaub gesagt, beliebig oft reproduzieren läßt.
Der Gunst des neuen Kanzlers Schröder und der Bundes-SPD ist sich Momper sicher. Und so hoffen denn die Genossen allesamt offensichtlich unter anderem auch auf ein schwaches Langzeitgedächtnis der Berliner. Und in der Tat: Noch scheint diese Rechnung in dem eben erst eingeläuteten Wahlkampf an der Spree aufzugehen. In der Wählergunst, vor allem in den östlichen Bezirken Berlins, hat die SPD zusammen mit den Grünen nach wie vor die Nase vorn. In einem ersten Vergleich von Momper mit dem Spitzenkandidaten der CDU, dem Regierenden Bürgermeister Diepgen, schneidet ersterer deutlich schlechter ab, wie die "Berliner Zeitung" berichtet.
Auch dabei empfiehlt sich der Gebrauch des Langzeitgedächtnisses: Nach wenigen Monaten der Zeit als Regierender Bürgermeister und bei den anschließenden Wahlen zu einem Gesamtberliner Abgeordnetenhaus hat die "Ära Momper" damals der CDU zumindest in den Westteilen Berlins annähernd zur absoluten Mehrheit "verholfen". Jenseits von Wahlkampf-Parolen mag darauf wohl auch die Annahme Diepgens und des CDU-Fraktionschefs im Abgeordnetenhaus, Klaus Landowsky, beruhen, mit der Wahl Mompers zum SPD-Spitzenkandidaten sei der CDU gewissermaßen ein "Wunschkandidat" beschert worden.
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