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Mein Patenkind wird demnächst konfirmiert, und es stellt sich nun die Frage: Was schenken? Ich versuche, mich an meine eigene Konfirmation zu erinnern. Große Angst hatte ich, über mein langes weißes Kleid zu stolpern, wenn ich in der mit Besuchern gedrängt vollen Kirche ganz alleine die Stufen zum Pfarrer hochsteigen mußte, damit dieser mich mit dem Konfirmationsspruch segne. Endlich war der Spruch zu Ende und ich sehr erleichtert. Beim abschließenden „Amen“ erhob ich mich bereits beim „A“ von den Knien, und bei „... men“ hatte ich die unterste Treppenstufe erreicht.
Zu Hause versammelten sich alle Verwandten und Bekannten. Für das leibliche Wohl sorgten meine Eltern, für die Unterhaltung dagegen war Frau Krüger, meine Pensionsmutter aus Guttstadt, zuständig. Bei unserem schönsten Spiel stellten wir uns im Kreis auf, und jemand stand mit verbundenen Augen in der Mitte. Er sollte, mit zwei Holzlöffeln in der Hand, einen der Mitspieler abtasten und dadurch herausfinden, wer dieser sei. Was für ein Spaß, als dabei der in die Hocke gegangene Großvater für sein jüngstes Enkelkind gehalten wurde.
Richtig zeremonie ll ging es bei der Überreichung der Geschenke zu. Nicht mehr an alle Dinge kann ich mich erinnern. Aber von den Großeltern väterlicherseits bekam ich Ring und Kette mit Granatsteinen. Die Erläuterung dazu, daß wegen meiner Jugend natürlich kein reines Gold, sondern nur Vergoldung in Frage kam, sagte mir nichts, aber die Tanten tauschten mißbilligende Blicke aus. Der Ring gefiel mir, und ich trug ihn oft. Bald sah er aber wie Blech aus und fristete dann ein einsames Dasein in der Nachttischschublade.
Eine kobaltblaue Porzellanschüssel, mit rosa Rosen bemalt, sah sehr hübsch aus, aber was sollte ich damit anfangen? Dann gab es noch eine silberne Schale, die, mit Süßigkeiten gefüllt, ihren Platz auf dem Spiegeltisch erhielt. Ein Fruchtbonbon war weich geworden, die Säure bekam dem Silber nicht und hinterließ einen dunklen Fleck. Onkel Fredi brachte einen silbernen Wecker. In den folgenden Jahren sorgte der stets für meine Pünktlichkeit. Ich hätte nie geglaubt, mich von ihm trennen zu können, und doch geschah das auf der Frischen Nehrung während der Flucht. Die Wagen mußten wir stehenlassen, das wichtigste kam in Rucksack und Koffer. Für den Wecker war kein Platz mehr, da steckte ich ihn in die Manteltasche. Um mich auf dem Lkw, der uns zum rettenden Schiff bringen sollte, gut festhalten zu können, mußte ich die Handschuhe ausziehen. Sie nahmen nun den Platz in der Tasche ein, während der Wecker auf der Straße landete - es gab im Augenblick größere Probleme.
Von Tante Traute bekam ich einen echten Lederkoffer in hellem Gelb. Er blieb am längsten bei mir. In der Jugendzeit und dann auf der Flucht war er mein Begleiter, aber auch später, im Westen, hat er mir treu gedient. Nach Jahrzehnten mußte ich ihn wegen seiner Unansehnlichkeit in die Mülltonne stecken, allerdings nicht ohne ihm vorher verstohlen einen dankbaren Klaps zu geben.
Ja, und was schenke ich nun dem Patenkind? Es sollte doch etwas wirklich Beständiges sein. Ich gehe ans Telefon und erfahre, daß nur Geld gewünscht wird für schicke Klamotten. „Klamotten?“ frage ich enttäuscht. Wie haben sich die Ansichten doch geändert.
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