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Man mag über den evangelischen Theologen Karl Barth mit seinen politisch gezielten Formulierungen aus der Schweiz heraus durchaus geteilter Meinung sein, doch Zustimmung verdient schon seine Ansicht, daß man das Wirken und Walten Gottes auf Erden nicht auszudeuten vermag, ja, daß es geradezu vermessen sei, jene Wirkkräfte erkennen zu wollen. Der Geist weht nun einmal, wo er will ... Um so denkwürdiger scheint es daher, wenn nunmehr der evangelische Landessbischof Hermann von Loewenich gelegentlich einer Tagung der Landeskirche Bayerns verkündet, es sei angesichts der historischen Schuld einmaligen Ausmaßes von uns Deutschen unmöglich, "Juden gegenüber missionierend von unserem Glauben zu reden", weshalb er auch zu der Überzeugung gekommen sei, "daß Gott uns die Vollmacht dazu entzogen hat". Wie das? Es kann zwar sein, daß der ehrenwerte Bischof die Sinnmitte jener Botschaft, die bekanntlich von Ewigkeit zu Ewigkeit reicht und uneingeschränkt verbindlich gilt, nicht anzunehmen vermag, was für einen Mann an herausgehobener Stelle verwundern würde. Aber immerhin weiß man seit Martin Luthers Tagen, daß es für Protestanten nur ein allgemeines Priestertum gibt, das Irrtum und Fehlbarkeit einschließt. Zwei wesentliche Aussagen des Neuen Testaments, die zugleich die eigentlichen Kernstücke der christlichen Botschaft bilden, scheint der Bischof nicht wahrnehmen zu wollen, zu können oder zu dürfen. Erstens den missionarischen Auftrag, der bekanntlich uneingeschränkt lautet: Ziehet hin in alle Welt und verkündet das Wort Gottes, und zweitens die Vergebung aller Schuld, ohne die gewiß kein Neuanfang im Sinne der christlichen Botschaft möglich wäre. Noch dem übelsten Mörder wird Vergebung gewährt, noch der ruchloseste Politiker findet mit tief theologisch begründetem Recht verzeihende Nachsicht. Sind wir aber selbst eine Bande von Mördern, ein verworfenes Volk von historisch Mißratenen? Unser Wirken ist durchaus gefaßt in Luther, Kant, Goethe, Schiller, Mozart, Bruckner, Benz und Diesel und wird seit Jahrhunderten politisch geprägt von der Mittellage auf unserem Kontinent mit all seinen Folgen. Wer es besser wissen will, der werfe den ersten Stein ... P. F.
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