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Literaturzirkel

 
     
 
Geschlossene Zirkel und literarische Salons waren in Rom keinesfalls unbekannt.

Über einen der bedeutendsten, den Scipionenkreis in der Mitte des 2. Jhs. v.Chr., ist man recht gut unterrichtet. Er scharte sich um Cornelia , die Mutter der Gracchen , und ihren Schwiegersohn Scipio Aemilianus . Hier trafen sich junge Leute, die unter dem Einfluß griechischer Kultur standen und sich für Philosophie interessierten. Dazu gehörten Laelius, den man auch ’den Weisen’ nannte, Terenz , Lucilius , der Tragiker Pacuvius, der griechische Historiker Polybios, der 168 als Geisel nach Rom gelangt war, sowie Panaetios, der Begründer der Mittleren Stoa , der die griechische Philosophie dem römischen Geist anpaßte. Auch politische Fragestellungen wurden diskutiert. So interessierte sich etwa Polybios für die von ihm sehr bewunderten politischen Institutionen Roms, und Scipio widersetzte sich den Landreformen, deren Anhänger seine eigenen Schwager waren.

In der ersten Hälfte des 1. Jhs. v.Chr. bildete eine Gruppe von Dichtern einen Kreis. Sie brachen mit der griechischen Klassik sowie den Gepflogenheiten römischer Tragiker, indem sie sich den Alexandrinern zuwandten und Kallimachos, Euphorion von Chalkis und Philetas von Kos zu ihrem Ideal der neuen Dichtung erhoben: die Neoteriker. Die einen verfaßten gelehrige Epen, andere Epigramme, Lehrgedichte oder solche erotischen Inhalts; wieder andere verlegten sich auf Dichtungen nationalistischen Charakters. Es war der Geschmack an einer raffinierten, intellektuellen und bis ins Detail ausgefeilten Kunst, die sie verband. Wenn man einmal von Catull absieht, blieben von ihren Werken kaum mehr als die Titel erhalten: Helvius Cinna hat ein kurzes Epos oder Epyllion namens Smyrna geschrieben, für dessen Abfassung er neun Jahre brauchte; Licinius Calvus dichtete Epigramme und ein Epyllion (lo); Valerius Cato, das Haupt der Gruppe, schrieb grammatische Werke und Gedichte (Lydia); von Cornificus gab esebenfalls ein Epyllion (Glaucus). Manche von ihnen, so Cassius von Parma und Furius Bibaculus, waren Gegner Caesars . Ihre Schule wurde in der nächsten Generation durch Vergil und Horaz , insbesondere aber durch deren Zeitgenossen Cicero , übertroffen, der sich über ihre ’Dichtkunst’ mokierte und sie ironisch als ’Lobhudler Euphorions’ (cantores Euphorionis) abtat.

Aus augusteischer Zeit kennt man drei Zirkel. Asinius Pollio , der in seiner Jugend den Neoterikerkreis besuchte, förderte öffentliche Rezitationen (I- Lesungen), begründete die erste öffentliche Bibliothek und bildete, als er Statthalter von Gallia Cisalpina 43 v.Chr. war, einen kulturellen Zirkel, in dem man Cornelius Gallus (69-26 v.Chr.), einen Elegiendichter, und vor allem Vergil, der zu dieser Zeit an seinen Bucolica schrieb, antraf. Es kann sein, daß sich diese Gruppe, wie auch die Hirten Vergils, als ’Arkadier’ bezeichnete. Doch im Jahre 40 wurde Pollio aus der Cisalpina vertrieben und mußte auf Distanz zu Augustus gehen.

Maecenas seinerseits scharte um sich bald Vergil, Horaz und Properz . Doch die Dichtung war nicht das einzige sie verbindende Band, denn zumindest in seiner Jugend war Maecenas wie Horaz und Vergil vom Epikureismus hingerissen gewesen. Ebenso waren sie von einem bestimmten politischen Ideal beseelt, und so stellte dieser Zirkel eine wesentliche Komponente bei der Ausbildung der augusteischen Ideologie dar.

Schließlich gab es etwa zur selben Zeit noch den Kreis des Messala (64 v.8 n.Chr.), eines Kriegsmannes, Redners und Dichters. Er stand loyal zu Augustus , ohne jedoch seine republikanischen Überzeugungen zu verleugnen. Von den Dichtern, die er uni sich versammelte, sind die bekanntesten Tibull , Lygdamus, Cornelius Severus sowie seine eigene Nichte Sulpicia. Die Gruppe erwies sich als viel unabhängiger und weniger politisch orientiert als die vorherige.

Wahrscheinlich hat es noch weitere Zirkel gegeben, doch kennt man sie kaum. Die öffentlichen Rezitationen, die im ganzen Kaiserreich stattfanden, entsprachen dem Geschmack der Römer an Zusammenkünften und literarischen Vorträgen. Dank der Briefe von Plinius dem Jüngeren weiß man, daß es die gebildeten Römer stets liebten, zusammenzukommen und miteinander zu diskutieren, wobei sie in der angenehmen Umgebung einer Villa den Reiz des otium mit intellektuellen Beschäftigungen verbanden.
 
     
     
 
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