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"Ja, das ist nicht das Prob...", lautete der letzte Funkspruch von Guyan March, Kapitän des Kreuzfahrtschiffes "Fantome". Mitten im Wort brach die Satellitenverbindung ab und konnte nicht erneuert werden. Unaufhaltsam geriet das Schiff in die Fänge des Hurrikans "Mitch", der Ende Oktober 1998 die westliche Karibik verheerte.
Die 1927 gebaute "Fantome" gehörte einer Chartergesellschaft und bereiste Ende der 90er Jahre die karibische Inselwelt. Der Motorsegler galt als "schwerfällig es Hotel mit einem guten Restaurant und einer Bar". Kapitän March, Jahrgang 1966, ein besonders tüchtiger Seemann, erfreute sich allseits großer Beliebtheit.
Die "Fantome" kreuzte im Westteil der Karibik, wo das Chartergeschäft große Gewinne versprach, obwohl dieser landnahe, enge Winkel enorme Gefahren barg, falls hier ein Hurrikan entlangbrauste, dem die "Fantome" nicht zu entrinnen vermochte.
Mitte Oktober 1998 besuchte das Schiff die "Islas de Bahias" nördlich Honduras. Bei der Insel Roatan badeten Passagiere oder unternahmen Landausflüge. Zur selben Zeit verwandelten sich 650 Meilen weiter östlich Wolkenwirbel in ein Tiefdrucksystem.
Allmählich zog das Unheil nach Westen und kam der "Fantome" näher. March steuerte sein Schiff nach Belize City und nahm weitere Gäste an Bord. Jetzt wuchs der Sturm zu einem Hurrikan, so daß die "Fantome" entweder einen sicheren Hafen oder eine günstige Ankerbucht finden mußte. Statt in Belize zu bleiben und die Passagiere an Land zu bringen, wollte March nach Honduras ausweichen.
Jedoch erforderten es Wind und Wellen, das plumpe Schiff mit 94 Touristen an Bord östlich zu steuern, dem Hurrikan entgegen. "Der Himmel war tagsüber so dunkel, daß man glauben konnte, es sei Mitternacht."
Vermutlich hoffte March, das Orkangebiet südlich umfahren zu können, denn laut Wettervorhersage sollte sich Hurrikan "Mitch" nach Norden bewegen. Doch die Meteorologen berechneten die Zugbahn des Ungetüms falsch. "Mitch" zog gen Süden, und damit war die Katastrophe programmiert. In letzten Funksprüchen meldete der Kapitän haushohe Wellen. Ungewöhnlich schwere Stürme beeinträch- tigen das Durchhaltevermögen sogar der besten Seeleute. Am 27. Oktober endete die Funkverbindung zur "Fantome", die kurz danach unterging, ohne daß jemand gerettet werden konnte. Nur einzelne Wrackteile des Schiffes blieben übrig. Auch im High-Tech-Zeitalter offenbart die Natur dem Menschen seine Grenzen.
Jim Carriers literarische Umsetzung des Themas in dem Buch "Das Schiff und der Sturm. Die letzten Tage des Luxusschoners Fantome" erinnert an Sebastian Jungers Roman "Der Sturm". Dessen Spannung und kompakte Dichte erreicht Carrier jedoch nicht immer. Rolf Helfert
Jim Carrier: "Das Schiff und der Sturm. Die letzten Tage des Luxusschoners Fantome", Malik-Piper, München 2003, 387 Seiten, 22,90 Euro |
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