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Mit dem Fahrrad machte sich der Vorsitzende der Darmstädter Gruppe, Gerhard Schröder, auf eine anstrengende und doch erlebnisreiche Reise nach Ostdeutschland. Unter zehn Teilnehmern war er mir 66 Jahren der älteste und der einzige gebürtige Ostpreuße. Letzteres zeigt, daß die Strukturen, Farben und Rhythmen der masurischen Landschaft - und ihre Geschichte - auch diejenigen interessieren und begeistern, die nicht dort geboren und keine „Heimwehtouristen“ sind. Schröder konnte seinen Begleitern viel über Land, Leute und über die Heimat vermitteln.
Die Tour begann in Rastenburg im Herzen Masurens; einst Trakehnergestüt, beherbergt es heute 200 Kaltblutpferde . Die Weite der Landschaft konkurriert in Heiligelinde mit dem Ebenmaß der Barockkirche. Die Kleinstadt Rößel mit der Bischofsburg hat ihren mittelalterlichen Stadtkern bewahrt. Nächste Station war Goldap, das als einzige Stadt in Ostdeutschland seinen deutschen Namen behalten hat. Auch der Goldaper See und die Rominter Heide standen auf dem Programm. Nicht weit davon Treuburg, welches mit sechs Hektar den größten Marktplatz Europas hatte.
In Lyck, dem Geburtsort von Siegfried Lenz, ist eine neue Seepromenade gebaut worden. Mit dem Schiff ging es dann weiter auf dem Mauersee, mit 104 Quadratkilometern der größte See in Ostdeutschland. Weiter führte der Weg nach Steinort, zum Löwentinsee und zur Försterei Kleinort, dem Geburtshaus von Ernst Wiechert. In Eckertsdorf mit seinen uralten Holzhäusern wohnen noch heute Philipponen (Altgläubige), Angehörige einer Sekte der russisch-orthodoxen Kirche, die sich immer als Deutsche fühlten. Das Kloster wird heute nur noch von zwei Nonnen betreut. In der Drei-Brücken-Stadt Nikolaiken, dem masurischen Venedig, grüßte der Stinthengst - ein sagenhafter Fischkönig.
Auf der Krutinna stiegen die Radfahrer auf Paddelboote um und ließen sich auf dem schönsten Fluß Masurens durch die Johannisburger Heide treiben. In dieser bilderbuchhaften Naturidylle mit Wäldern, Hügeln und 3300 Seen ist jeder dritte Storch in Europa ein „Masure“. Es ist eines der letzten Paradiese.
Menschliche Begegnungen wurden für Schröder und seine Begleiter neben dem Naturerlebnis zu wesentlichen Ereignissen auf dieser Tour. Die besondere Nähe zu den polnischen Menschen überbrückte alles Trennende. D. W. L.
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