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Spannender Rollentausch

 
     
 
Schon mit ihren farbenprächtigen, historischen Romanen "Die Kastratin" und "Die Wanderhure" hat sich Iny Lorentz einen Namen gemacht. Mit "Die Goldhändlerin" legt die Autorin nun einen weiteren Mittelalterroman vor, der zwar nicht ganz an seine Vorgänger heranreicht, trotz allem aber den Leser in seinen Bann zieht.

Die 16jährige Jüdin Lea überlebt nur durch Zufall mit ihrer jüngeren Schwester Rachel und ihrem Bruder Elieser 1485 ein Pogrom, doch ihr Vater und ihr älterer Bruder Samuel werden von aufgebrachten Christen erschlagen. Von nun an muß Lea die Bankier
sfamilie durchbringen, doch da sie als Frau im Mittelalter keinerlei Rechte besitzt, gibt sie sich als ihr älterer Bruder Samuel aus. In seinem Namen gelingt es ihr, die Gelder der Familie zu retten und sogar Gewinne zu erwirtschaften. Auf einer ihrer Reisen fällt sie dem antisemitischen Mönch Holzinger in die Hände, der die Menge gegen den jungen jüdischen Kaufmann aufhetzt. Nur dank des draufgängerischen Christen Roland Fischkopf endet sie nicht auf dem Scheiterhaufen, sondern muß nur unwürdige Scherze mit sich treiben lassen. Lea alias Samuel weiß nicht, ob sie dem jungen Mann danken oder hassen soll, entscheidet sich aber aufgrund seiner Dreistigkeit für Haß. Fischkopf erweist sich jedoch als sehr anhänglich und geht mit Lea sogar einige Geschäfte ein, die diese aufgrund der erfreulichen Gewinnspanne nicht ablehnen kann. Von nun an begegnen sich die beiden immer wieder und trotz aller Antipathie läßt Lea sich von Roland Fischkopf zu einer abenteuerlicher Rettungsaktion eines jüdischen Handelspartners im Spanien der Inquisition überreden. Als Christ verkleidet reist sie in das für Juden mit Lebensgefahr verbundene Land und rettet nicht nur ihren Handelspartner, sondern erfährt auch ein dunkles Geheimnis über ihren Lebensretter Fischkopf, den sie auf einmal mit ganz anderen Augen sieht.

Iny Lorentz beschreibt die geringe Stellung der Frau, insbesondere der jüdischen Frau, im Mittelalter sehr eindringlich. Auch die Nöte der Juden in einer von Christen dominierten Region schildert sie sehr beängstigend. Aber auch wenn sie die Grundthemen wahrheitsgetreu in Szene setzt, so übersteigert sie doch in "Die Goldhändlerin" manches. Immer wieder verfällt sie in Klischees, so sind beispielsweise Leas jüngere Geschwister nur undankbare faule Plagen, der Adel größtenteils nur verkommenes, raffgieriges Gesocks und die jüdischen Handelspartner unnachgiebig in ihren Glaubensregeln. Trotz dieser qualitativen Mängel ist aber auch dieser Roman der Autorin wieder äußerst interessant zu lesen. Spannende Unterhaltung, die man allerdings schnell wieder vergißt. Fritz Hegelmann

Iny Lorentz: "Die Goldhändlerin", Knaur, München 2004, broschiert, 617 Seiten, 8,90 Euro
 
     
     
 
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