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Estland bleibt in der Frage des Grenzvertrags mit Rußland hart, da es für neue Verhandlungen keinen Grund sieht. Die estnische Botschafterin in Moskau, Karin Jaani, teilte dem russischen Außenministerium die Position ihres Landes mit.
Diese sieht wie folgt aus: Die Vereinbarungen, die erst nach einem jahrelangem Verhandlungsprozeß im Mai dieses Jahres gefunden wurden, müssen unbedingt in dieser Version ratifiziert werden. Der Vertrag sieht die Beibehaltung der ehemaligen administrativen Grenze zwischen der Russischen Sozialistische n Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) und der Estnischen SSR mit nur geringen Abweichungen vor. Beide Seiten treten 128,6 Hektar Land sowie eine kleine Wasserfläche an den jeweils anderen ab. Rußland erhält so Zugang vom Peipussee zum Fluß Narwa, Estland eine Straße zwischen zwei Dörfern. Der Vertrag klärt die Grenzlage endgültig. Dies hat vor allem für Estland Gewicht.
Jaani sagte, es sei ihr völlig unverständlich, welches Ziel Rußland mit der Forderung nach neuen Verhandlungen verfolge, wo doch zur gleichen Zeit hochrangige Diplomaten des Außenministeriums bestätigt hätten, daß Rußland keine neuen Grenzlinien ziehen wolle. Zudem seien von estnischer Seite an das Vertragswerk keine Zusatzbedingungen geknüpft worden, die eine Neuverhandlung notwendig machten.
Der Grund für die russische Ankündigung, den Grenzvertrag vom 18. Mai für null und nichtig zu erklären, liegt im Text der Präambel des Vertrags, in der an die "sowjetische Aggression" die "Okkupation" Estlands zwischen 1940 und 1991 erinnert wird. Die Russen weigern sich bis heute hartnäckig, die Verbrechen der Sowjetunion zuzugeben, weil sie befürchten, daß dadurch den Esten für die Zukunft ermöglicht würde, territoriale sowie Wiedergutmachungsansprüche an die Russische Föderation als Nachfolgerin der ehemaligen Sowjetunion zu stellen. Obwohl kein europäisches Land die Okkupation bezweifelt, hält sich die EU aus dem Konflikt heraus. Die Esten bleiben standhaft. Nun ist Rußland am Zuge. B. Gürtler |
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