|
Es war erst später Vormittag und Christian blickte immer häufiger zur Uhr. Er war unruhig, und sein Herz pochte noch ein paar Takte schneller, wenn er an Kerstin dachte. Vor drei Wochen hatten sie sich auf einer Party kennengelernt und sich Hals über Kopf ineinander verliebt.
Bisher hatten sie ihre Liebe geheimgehalten, heute abend jedoch war es soweit: Kerstin wollte ihn ihren Eltern vorstellen:
Nervös drehte Christian einige Runden im Wohnzimmer, ließ sich manch gute Redewendung durch den Kopf gehen. Hasso sah dem Treiben seines Herrchens irritiert zu. Er wollte viel lieber raus in den Park. Und endlich kam auch Christian auf die Idee, das schöne Wetter zu einem Spaziergang zu nutzen. So würde die Wartezeit viel schneller verstreichen.
Die sonnenüberflutete Terrasse des Ausflugslokals "Waldbliick" lud Herrn und Hund zum Verweilen ein. Christian bestellte ein Bier und streckte die Beine weit von sich. Hasso hatte sich unter dem Tisch ein schattiges Plätzchen gesucht, und die aufmerksame Bedienung stellte ihm ein Schälchen Wasser hin.
Am Nebentisch saß ein elegant gekleideter Herr, der gerade ein Steak serviert bekam. Gut sah das aus! Aber schon nach wenigen Minuten warf der Mann plötzlich seine Serviette auf den Tisch, erhob sich und verließ eilig die Terrasse.
Erstaunt blickte Christian ihm nach. Nanu, der hatte ja nicht einmal die Hälfte gegessen. Wäre doch schade, wenn das Fleisch im Abfalleimer der Küche landen würde. Also schaute er sich vorsichtig nach allen Seiten um und war mit zwei großen Schritten am Nebentisch.
Sekunden später hörte man Hasso sich schmatzend mit den Fleischresten beschäftigen. Christian beobachtete ihn wohlwollend. Dabei merkte er nicht, daß der ältere Herr wieder zu seinem Tisch zurückgekehrt war und ungläubig auf seinen leeren Teller starrte.
Dann fiel sein Blick auf Hasso. "Das ist ja unerhört!" brauste er auf. "Sie füttern Ihren Hund mit meinem Mittagessen?"
Christian stotterte eine Entschuldigung. "Ich dachte ... ich glaubte, Sie, Sie wären ..."
"Ich mußte nur mal ganz dringend telefonieren", unterbrach der Herr verärgert.
"Hasso hat es sich einfach von Ihrem Teller geholt. Ich wollte es noch verhindern, doch leider war es zu spät!" Die Notlüge kam ganz flott über Christians Lippen.
"Dann müssen Sie den Köter eben besser erziehen!" schnauzte der Mann ihn an.
"Es ist gar nicht mein Hund", log Christian ungeniert weiter. "Er gehört meiner Verlobten."
"Aha, dem Fräulein Braut gehört er! Die Dame ist also nicht imstande, das Tier zu erziehen! Womöglich hat sie selbst ..."
Christian war aufgesprungen. "Was wollen Sie damit sagen? Ich dulde nicht, daß Sie meine Braut beleidigen! Sie hat bestimmt mehr Erziehung als Sie vielleicht Ihren Kindern geben können!" Er atmete tief durch: "Im übrigen werde ich Ihr Essen natürlich bezahlen. Oder bestellen Sie sich eine neue Portion auf meine Rechnung."
Der Mann winkte verärgert ab. "Nein, danke!"
"Dann eben nicht", sagte Christian, legte einige Münze n auf den Tisch und verschwand mit Hasso von der Terrasse.
Stunden später drückte Chrisian zaghaft den Klingelknopf, und im selben Moment öffnete Kerstin die Tür. Gemeinsam betraten sie das Wohnzimmer.
Christian stockte das Blut in den Adern. Dort im Sessel saß nämlich der elegante Herr vom "Waldblick". Verlegen rieb Christian sich das Kinn, wollte etwas sagen.
"Ich habe ... ich wollte ... ich meine nur", weiter wußte er nicht. Seine Selbstsicherheit, seine guten Manieren, seine vorbereitete kleine Rede, alles kam ihm abhanden.
Erst als Kerstins Vater auf ihn zutrat, die Hand auf seine Schultern legte, wich die Starre aus seinem Körper. "Hat mir gut gefallen, wie Sie heute Mittag, meine Tochter verteidigt haben", lobte der Schwiegervater in spe. "Aber eines müssen Sie mir noch verraten, junger Mann. Wie schafft es meine Tochter nur, so einen großen Hun |
|