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Vor einiger Zeit mußte ich in Berlin die Wohnung unsere verstorbenen Verwandten auflösen, keine leichte Aufgabe. Durch ein Inserat war e möglich, einige größere Sachen loszuwerden, aber alles andere, wie Hausrat, Wäsche Kleidung habe ich zum größten Teil verschenken können, und selbst das war nich einfach, denn heutzutage wollen die Leute ja nicht mal mehr was geschenkt haben.
Langsam aber wurde die Wohnung doch leer, bis auf einen ganz neuen Herrenanzug. De Stoff war von erstklassiger Qualität, von angenehmer Farbe, und der A nzug hatte auc einen sehr guten Schnitt. Diesen Anzug hatte ich immer noch etwas zurückgehalten, aber e mußte nun doch auch weg, denn einem Verwandten paßte er sowieso nicht, weil er fü einen ziemlich großen und fülligen Menschen gedacht war. Was sollte ich nur dami anfangen? Viel Zeit hatte ich nicht.
Dann kam mir plötzlich ein recht ungewöhnlicher Gedanke. Gedacht, getan. Ich nahm de Anzug über den Arm, ging auf die Straße und suchte in Berlin-Friedenau nach einem Mann dem dieser Anzug passen könnte, und er sollte ihn geschenkt bekommen.
Lange suchte ich vergebens, und eigentlich scheute ich mich auch, wildfremde Leut einfach anzusprechen. Mittlerweile war ich in einen Park gekommen. Dort sah ich einig Männer, die mit der Säuberung der gärtnerischen Anlagen und Wege beschäftigt waren Unter ihnen entdeckte ich tatsächlich einen Mann, der groß und auch recht fülli schien, und dem der Anzug sicher passen würde. Allen Mut mußte ich jetzt zusammennehmen als ich auf ihn zuging. "Können Sie wohl diesen guten Anzug gebrauchen?"
Verblüfft schaute der Mann mich an und stützte sich erst mal gemächlich auf seine Besenstiel, dann sagte er: "Jeklaut, watt und nu wolln Se ihn schnel verkoofen?"
Nachdem ich ihn glaubhaft aufgeklärt hatte, wie die Sache sich verhielt, schien auc sein Interesse geweckt. Er nahm die Hose, maß sie zwischen beiden ausgestreckten Armen "Könnte passen, die Länge stimmt. Watt soll der Anzug denn kosten?"
"Den schenke ich Ihnen, wie schon gesagt." Er aber griff nach seine Portemonnaie, zog eine blanke Mark heraus und reichte sie mir: "Ick laß mir doc keen Anzug schenken. Hier, koofen Se sich ne Tafel Schokolade."
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