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Wie allgemein erwartet wurde, löst die jüngste Wahlschlappe der FPÖ auch organisatorische Änderungen aus. So soll Ursula Haubner, bisher geschäftsführende FPÖ-Vorsitzende, den zuletzt nur noch nominellen Parteichef, Sozialminister Haupt, ablösen. Das wird bei einem Sonderparteitag Anfang Juli auch formell beschlossen. Haubner, die Schwester Jörg Haiders, wird ihre Führungsmannschaft selbst aussuchen, doch steht jetzt schon fest, daß deren wichtigstes Mitglied der jüngere Bruder sein wird. Vizekanzler Gorbach zeigt kein Interesse daran, stellvertretender Vorsitzender zu werden.
Ob damit die Krise beigelegt ist, wird von Kennern der Partei allerdings bezweifelt. Denn wenn weiterhin "das einfache Parteimitglied" Jörg Haider als der starke Mann in der nun sehr viel schwächeren Partei den Ton angibt, ohne zugleich die volle Verantwortung zu übernehmen, ist eigentlich nur die seit über vier Jahren andauernde Mehrgleisigkeit prolongiert.
Schon vor den jüngsten Wahlen war auch über Änderungen in der FPÖ-Regierungsriege spekuliert worden. Einigermaßen überraschend kündigte vorige Woche der gar nicht zur Debatte stehende Justizminister Böhmdorfer seinen Rücktritt an. Böhmdorfer, ein enger Freund Haiders, doch selbst kein Parteimitglied, gibt an, er wolle die Verjüngung der Mannschaft erleichtern. Der 61jährige war vier-einhalb Jahre im Amt und will in seinen Anwaltsberuf zurückkehren.
Eine gewisse Belastung für die Regierungsarbeit resultiert auch aus der weiterhin offenen Frage, ob Bundeskanzler Schüssel in Österreich bleibt oder vielleicht doch noch Chancen hat, die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Prodi anzutreten. Beiden Regierungsparteien ist klar, daß sie unter den gegebenen Umständen bei vorgezogenen Neuwahlen mit keiner Mehrheit rechnen könnten. Ein Blick nach Berlin muß allerdings genügen, um jede Form des "Sessel-klebens" zu entschuldigen: Denn selbst der bloße Aufschub einer rot-grünen Machtübernahme ist ein Dienst am Vaterland. Prof. Dr. Küssner
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