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Zivilgerichtsbarkeit

 
     
 
Bei den Klagen betreffend die Durchsetzung eines Rechtes wurde der Prozeß in zwei voneinander zu unterscheidende Phasen geteilt: Die erste fand vor einem Beamten statt, der das Ersuchen prüfte (in iure), die zweite vor einem Richter, der die Erörterung entschied (in iudicio).

Bei den actiones legis -Prozessen verlief der in iure-Teil folgendermaßen: Vor den pflichtgemäß anwesenden Parteien regelt der Beamte (der Prätor ) das Verfahren, benennt die anzuwendenen juristischen Vorschriften, bestätigt die Erfüllung der Riten und stimmt der Benennung eines Richters zu. Seine Rolle ist in der formelhaften, rituellen Wendung do, dito, addico zusammengefaßt: „Ich gebe“ (eine Formulierung und einen Richter), „ich erkläre“ (das Recht, d. h. die vorläufige Zuweisung des Streitobjekts an eine der beiden Parteien), „ich bestätige“ (den Willen der Parteien).

Der in iudicio-Teil ist die eigentliche Gerichtsphase: Sie verläuft vor einem vorn Magistrat bestimmten Richter (einem Senator oder Ritter ); die Sitzung findet öffentlich statt (auf dem forum oder in einer Basilika ). Falls eine Partei nicht anwesend ist, verliert sie automatisch den Prozeß. Die Unterstützung’durch Rechtsanwälte ist zugelassen. Der Richter verkündet sein Urteil am selben Tag oder erst einige Tage später. Die obsiegende Partei muß die andere wegen der Erledigung des Richtspruches belangen, indem sie eine der beiden actiones legis anwendet, in denen die gewaltsamen Aktionen archaischer Individualverfolgung nachgeahmt werden.

Bei den actiones per formulas ist der Ablauf dieser beiden Phasen anders: In der ersten müssen beide Parteien beim Magistrat vorstellig werden, dürfen sich aber vertreten lassen. Symbolhafte Gesten und rituelle Formulierungen sind nicht gestattet. Moderiert vorn Magistrat erklären sich die Parteien im Zwiegespräch. Hiernach erkennt der Magistrat dem Antragsteller formell die Klage an oder auch nicht; dadurch ist seine Rolle viel bedeutsamer als bei dem soeben erwähnten Prozeßverfahren. Nimmt der Magistrat die Klage an, sind die Benen- nung des Richters und die Abfassungder Klage die vertragliche Basis, auf der sich die Parteien bereit erklären, den Richtspruch anzunehmen. In der in iudicio-Phase werden die Parteien von Rechtsanwälten unterstützt. Auch der Richter kann sich von Juristen unterstützen lassen.

Bei beiden Verfahren (actiones legis, actiones per formulas) wurde gelegentlich ein einzelner Richter durch eine Jury (recuperatores) ersetzt; insbesondere geschah dies bei Streitigkeiten zwischen Bürgern und Fremden .

Neben diesen beiden normalen Verfahren gab es auch noch spezielle Prozeßarten (cognitiones extraordinariae), die durch den Wegfall der beiden Instanzen gekennzeichnet sind: Der Magistrat selbst entscheidet den Streitfall. In der Republik wurde dieses ungewöhnliche Verfahren nur in ganz bestimmten Fällen angewandt, doch zur Kaiserzeit (2. Jh. n.Chr.) wurde es allmählich zur Regel, wobei die Rolle des beamteten Richters einem Angestellten zufiel.

Schließlich gab es noch zur Schlichtung von Privatstreitigkeiten permanente Gerichtshöfe, z. B. den der centumviri, der aus 105 Mitgliedern bestand, so daß jede tribus mit dreien vertreten war. Dieser hatte Entscheidungsgewalt in bezug auf Erb- und Eigentumsfragen. Die decemviri, ein Zehn-Männer-Gremium, das von den Tribunen benannt, später gewählt wurde, entschied über die persönlichen Freiheiten.
 
     
     
 
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