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Zwei kleine Täubchen

 
     
 
In den Vorkriegsjahren wurde unser Landgrundstück, das in der Nähe von Lodz mitten im Kiefernwald lag, außer von dem polnischen Wächterehepaar auch von Rex, einem Mischling zwischen Schäferhund und irgendeiner undefinierbaren Rasse, bewacht. Mein Vater, der Taubenfreund, hielt dort mehrere Paare dieser majestätischen Tiere. Platz war zwischen Wäldern, Wiesen und Feldern genug da. Die Tauben hatten jedoch die dumme Angewohnheit, an Rex’ Futternapf, zu naschen, wenn er friedlich vor sich hin dösend im Schatten lag, manchmal sprang er dann auf und die Tauben flogen auseinander. Doch einmal war Rex schneller und tötete eine Taube. Die Vögel hatten zu dieser Zeit gerade Jungtiere im Nest, die noch hilflos waren. Außer dem gelben Flaum, der die nackte Haut durchschimmern ließ, hatten sie erst ganz vereinzelt Federn. Große Augen und ein großer Schnabel, den der dünne Hals kaum halten konnte, waren die auffallendsten Merkmale des Nachwuchses. Futter konnten sie noch nicht allein aufnehmen.

Mein Vater holte die beiden Täubchen aus dem Nest. „Wir werden sie großziehen, und du wirst für sie die Taubenmutter sein“, sagte er, setzte mir die beiden in den Schoß und holte ein Eimerchen Taubenfutter. Dann nahm er mir eines der Täubchen ab. „Paß auf, wie sie gefüttert werden.“

Vorsichtig öffnete mein Vater den Schnabel der kleinen Taube, steckte ein Körnchen Futter hinein. Jetzt mußte sie erst schlucken. Dann kam das nächste Körnchen. So ging es weiter, bis der Kropf der Taube halb voll war. Ich wunderte mich, wie mein Vater, der starke, kräftige Mann, so zart mit dem Tierchen umging.

Mit dem zweiten Täubchen versuchte ich mein Glück. Nach einigen Anstrengung
en meinerseits gelang es. Ich war glücklich, daß mein Tauben-Baby schluckte. Nun mußten sie auch trinken, was sie ebenfalls nicht allein konnten. Es wäre unmöglich gewesen, ihren Schnabel ins Wasser zu halten. Vater wußte Rat. Er nahm einen Schluck Wasser in den Mund. Dann setzte er den Schnabel der Taube an seinen Mund. Ganz sachte drückte er das Wasser gegen den Schnabel des Tieres. Es begann tatsächlich, wie es Taubenart ist, schnell mit dem Schnabel zu arbeiten - und trank.

Dreimal täglich fütterte ich nun die Tauben. Der Erfolg dieser Arbeit wurde sichtbar, er lohnte sich. - Tauben wachsen schnell. Bald bedeckte ein immer dichter werdendes Federkleid die Tiere. Sie wurden frecher, pickten selbst nach den Körnern und machten Flugübungen. Beim Füttern hatte ich mich mit den Tauben mit einem besonderen Pfeifton unterhalten, in der Hoffnung, sie würden ihn auch später erkennen. Auch das war nicht vergebens, es machte mich glücklich. Ich, ein kleines Mädchen, dem die Tauben gehorchten, wenn es auch nur die zwei waren. Ich brauchte nur irgendwo in der Nähe zu pfeifen - sie kamen, umflatterten mich, setzten sich auf meine Schulter oder auf meine Hand. Für dieses Erlebnis bin ich meinem Vater auch heute nach so vielen Jahren noch dank- bar. Margit Knopke

 
     
     
 
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