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Wer sie schon einmal gesehen hat, der wird sich gewiß auch an das Schaudern erinnern, das ihn bei dem Anblick überkam: Wird er oder wird er nicht hinabstürzen, der Mann auf dem Dach? Erst bei genauerem Hinsehen wird man schließlich entdecken, daß nicht ein leibhaftiger Lebensmüder da auf dem Dachfirst versucht, die Balance zu halten, sondern eine der Silhouetten-Figuren des Bildhauers Hubertus von der Goltz. Noch bis zum 12. September sind zwei solcher Installationen in Darmstadt zu sehen: auf dem Dachfirst des Ausstellungsgebäudes der Künstlerkolonie Mathildenhöhe und auf einer Stange zwischen dem Ausstellungsgebäude und dem Museum Künstlerkolonie. Sie tragen die Titel "Zwischen den Zeiten" und "Kommen und Gehen" und zählen zu den typischen Arbeiten des 1941 in Bestendorf, Kreis Mohrungen, geborenen Ostdeutschland. Seit 1983 beschäftigt sich der Bildhauer, der sich zunächst als Klavierbauer ausbilden ließ und anschließend an der Berliner Hochschule für Bildende Künste studierte, mit dem Thema Balance. "Ich konzentriere mich in meiner Arbeit auf die Beziehungen zwischen dem Menschen und seinem Umfeld", so v. d. Goltz einmal. "Ich suche den Moment der Spannung zwischen der Figur und den sie umgebenden Raum. Meine Figuren sind in der Körperkontur realistisch, so daß sie von weitem plastisch erscheinen; in der Nähe reduzieren sie sich auf eine Silhouette. Sie sind ohne Volumen, auf das Zeichenhafte zurückgeführt. ... der Weg und der Prozeß seiner Bewältigung im gegenwärtigen Moment ist das eigentliche Thema" dieser Figuren, die aus dem Nichts zu kommen scheinen und sich vollauf auf den eigenen Weg konzentrieren.
Anlaß der Installation des Ostdeutschland, dessen Eisengußplastik "Alter" vor dem Ostdeutschen Landesmuseum in Lüneburg vielen Lesern bekannt sein dürfte, ist das 100jährige Jubiläum der Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt. 1899 von Großherzog Ernst Ludwig von Hessen ins Leben gerufen, war sie kein gewachsener Zusammenschluß befreundeter Künstler, sondern eher ein Beispiel fürstlicher Kulturpolitik. Noch bis zum 30. Januar 2000 sind in den Räumen des ehemaligen Bildhauerateliers des Museums Künstlerkolonie Werke der Gründungsmitglieder Olbrich, Behrens, Huber, Christiansen, Habich, Basselt und Bürck zu sehen (dienstags bis sonntags, 10 bis 17 Uhr). man
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