|
Solms-Oberbiel Am 18. Mai feiert das "Königsberger Diakonissen-Mutterhaus der Barmherzigkeit auf Altenberg", das seinen Sitz nahe Wetzlar hat, sein 150jähriges Bestehen. Das Mutterhaus gehört mit seinen vielfältigen diakonischen Einrichtungen zu den größten Anbietern sozialer Dienstleistungen in den mittelhessischen Kleinstädten Wetzlar und Braunfels. In fünf Alten- und Pflegeheimen betreuen die Mitarbeiter momentan knapp 400 Personen. Hinzu kommen mehrere Seniorenwohnanlagen, die über 200 älteren Menschen Platz bieten.
Auch die Ausbildung hat im Königsberger Diakonissen-Mutterhaus einen hohen Stellenwert. Die Altenpflegeschule in Wetzlar bildet seit 1974 junge Menschen aus. Hinzu kommen seit über 45 Jahren Ausbildungsmöglichkeiten für Hauswirtschafterinnen und Helferinnen in der Hauswirtschaft. 85 Auszubildende zählt das Mutterhaus zur Zeit. Insgesamt arbeiten in den verschiedenen Einrichtungen 352 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das Königsberger Diakonissen-Mutterhaus war jedoch der Name weist bis heute darauf hin nicht immer in Mittelhessen heimisch. 1850 wurde es auf Initiative eines Freundeskreises um die Gräfinnen Magda und Clara zu Dohna-Schlobitten im ostdeutschen Königsberg ins Leben gerufen. "Krankenhaus der Barmherzigkeit in Königsberg/Preußen" lautete der Name bei der Gründung. Die Familie des Grafen Friedrich zu Dohna unterhielt damals intensive Beziehungen zu Pfarrer Theodor Fliedner und seiner diakonischen Arbeit in Kaiserswerth. So kam es, daß der Gründer der Kaiserswerther Mutterhaus-Diakonie 1850 selbst nach Königsberg reiste und am 18. Mai drei Diakonissen aus Kaiserswerth als Krankenpflegerinnen einführte. Die Anfänge waren noch bescheiden: 20 kranke Frauen konnten neben den Schwestern im Krankenhaus Platz finden. Die Zahl der Schwestern wuchs jedoch schnell an. Aus vielen ostdeutschen Familien kamen Mädchen nach Königsberg, um sich als Krankenpflegerinnen ausbilden zu lassen und als Diakonisse tätig zu sein. Bald mußte das Krankenhaus erweitert werden. Die Schwestern erwarben sich durch ihre geistliche Bildung und pflegerische Ausbildung einen so guten Ruf, daß sie für viele andere diakonische Arbeitsbereiche angefordert wurden. So arbeiteten sie in zahlreichen ostdeutschen Erholungsheimen, Kindergärten und Gemeindekrankenpflegestationen mit. Zu dem erfolgreichen Wirken trug auch die persönliche und materielle Förderung durch das preußische Königshaus bei. 1931 konnten die Diakonissen das neu erbaute Krankenhaus in Betrieb nehmen, so daß nun für 600 Kranke Platz war. Ihren höchsten Stand erreichte die Schwesternschaft 1935 mit rund 1000 Diakonissen. Sie waren im Krankenhaus und auf 300 Außenstellen tätig.
Der entscheidende Einschnitt in der Geschichte der Königsberger Diakonissen kam mit dem Ende des Zweiten Weltkrieg es. 244 Schwestern fanden nach Kriegsende im besetzten Königsberg und in der Provinz Ostdeutschland den Tod, andere flohen nach West- und Mitteldeutschland. Viele Ärzte und andere Mitarbeiter des Krankenhauses starben. 200 Schwestern blieben bis zu ihrer Ausweisung 1948, um Kranke und Verwundete zu pflegen. Erste Anlaufstelle für die zerstreute Schwesternschaft war "Haus Schönow" in Berlin, dann die Villa Siemens in Berlin-Nikolasee. 1953 bauten die Schwestern das im Jahr zuvor abgebrannte ehemalige Kloster Altenberg bei Wetzlar als Mutterhaus auf. Zehn Jahre nach Kriegsende begann der schwierige Neuanfang. Haupteinsatzorte wurden bis in die 70er Jahre das Stadtkrankenhaus, das Altenheim und die Gemeindekrankenpflege in Wetzlar.
Ab 1962 wandte sich das Mutterhaus erstmals Aufgaben in eigener Trägerschaft zu. Das "Haus Königsberg" in Wetzlar wurde als erstes Alten- und Pflegeheim errichtet. Andere Pflegeheime und Seniorenwohnanlagen folgten. Zum 150jährigen Jubiläum deutet sich ein erneuter Einschnitt in der Geschichte des Mutterhauses an. Denn heute gehören der Schwesternschaft nur noch 47 Diakonissen an. Die meisten Diakonissen leben im "Feierabend" auf dem Altenberg. Unter dem Namen "Königsberger Diakonie" will das Mutterhaus deshalb im neuen Jahrtausend seinem diakonischen Auftrag nachkommen. H. Bünger
|
|