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Es gab keine Vorankündigung, keinen Tusch, keine Fanfare und auch keine rote Fahne mitten in der Landschaft. Die Kinder kamen auch nicht eines Tages mit den Worten zur Tür hinein: ,Stell dir vor, Papa, ich bin soeben in die Pubertät gekommen. Vielleicht hat es mit der zunehmenden Unordnung angefangen, die sich nicht nur im ,Kinderzimmer , sondern auch im Rest der Wohnung mehr und mehr breit machte. Oder damit, daß die Klamottenwünsche immer anspruchsvoller wurden, begleitet von so wundervollen Argumenten wie: Jeder trägt nur noch diese oder jene Hose, Schuhe, Jacke. Ich habe keinen Schimmer, womit genau meine Karriere als Pubertätsvater begonnen hat. Irgendwann hatte ich den Job, ohne Bewerbung oder Einstellungsgespräch. Sie war einfach plötzlich da, die Pubertät." Dieser amüsante Text stammt von Lothar Strüh, der einen Erlebnisbericht über die Entwicklungsphase seiner Töchter verfaßt hat. "Meine zwei Töchter, der Kühlschrank und ich" lautet der vielversprechende Titel des Buches, das die Pubertät der Kinder auch gleichzeitig als Chance für einen Neuanfang der Eltern betrachtet.
Strüh beschreibt humorvoll verschiedene Alltagssituationen, die er mit seinen ziemlich dreisten Töchtern erlebt hat. Es ist anzunehmen, daß sich viele Eltern in diesem Buch wiederfinden werden, denn die Ratlosigkeit , die Eltern bei der plötzlichen Unzugänglichkeit der eigenen Kinder erfaßt, ist allgemeingültig. Der Autor berichtet von mehreren pädagogischen Maßnahmen, um seiner launischen Kinder Herr zu werden, doch scheitert er meistens kläglich.
Manche Erkenntnisse des verzweifelten Vaters sind hilfreich, jedoch gelingt es ihm nicht vollständig, die unbezweifelbar vorhandene Situationskomik mancher ins sinnlose abdriftenden Dialoge über Eßgewohnheiten, zu laute Musik und männliche Besucher einzufangen. So einige andere Schriftsteller haben dieses Thema so schon besser behandelt. Fritz Hegelmann
Lothar Strüh: "Meine zwei Töchter, der Kühlschrank und ich", Scherz, Bern 2002, gebunden mit Schutzumschlag, 206 Seiten, 14,90 Euro |
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