Eine Ehre

Schon wieder hat Görlitz das Nachsehen. Eigentlich wollte die sächsische Stadt an der Grenze zur Republik Polen Kulturhauptstadt 2010 werden, aber Essen hat ihr den Rang abgelaufen. Und somit ist die Chance der ziemlich im Abseits liegenden Stadt, einmal wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu gelangen, vertan.

Im Licht der Öffentlichkeit stand Görlitz in der Vergangenheit des öfteren. Als renommierte Garnisonsstadt war sie im ganzen Reich bekannt, doch das ist nun schon 61 Jahre her.

Dieser von Ruhm und Ehre, später aber auch mit Verachtung gestraften Vergangenheit widmet sich Ernst Kretzschmar in "Görlitz als preußische Garnisonsstadt 1830 bis 1945".

Bis heute sind die Spuren dieser militärischen Seite der Stadt überall auffindbar. Erhaltene Kasernengebäude, Soldatengräber und Kriegerehrenmale, Gedenktafeln an Häusern oder Straßennamen erinnern an das, was Görlitz einmal war.

Doch diese militärische Vergangenheit der Stadt mißfällt vielen. Sie würden gern alle Spuren tilgen. "Man mag diese Seiten unserer ferneren und jüngeren Geschichte unterschiedlich beurteilen, auch verurteilen. Solange aber politische Interessengegensätze zwischen gesellschaftlichen Gruppen und zwischen Staaten mit Waffengewalt ausgetragen wurden, gehörte das Militärwesen zum normalen Alltag."

Soldaten gehörten zum normalen Alltag wie Arbeiter, Handwerker, Beamte

, Hausfrauen und Schulkinder. Diesem Alltag widmet sich Ernst Kretzschmar, indem er die Entwicklung der preußischen Garnisonstadt nachzeichnet. Auch das Wechselverhältnis zwischen dem Militär und der Görlitzer Bevölkerung stellt er dar. Hierbei helfen ihm vor allem alte Zeichnungen und Fotos, die neben Paraden, Kasernen und Musikkorps auch Soldaten inmitten einer alltäglichen Straßenszene zeigen. Ein Buch, das Görlitz Ehre macht. Fritz Hegelmann

Ernst Kretzschmar: "Görlitz als preußische Garnisonsstadt 1830 bis 1945", StadtBild Verlag, Görlitz 2005, geb., 124 Seiten, 17,90 Euro 5502