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Gummi einziehen, Knöpfe annähen, in der Manteltasche ist ein Loch, der lose Rocksaum muß wieder befestigt werden - es hat sich einiges an ungeliebter Arbeit angesammelt, so daß es lohnt und ich nicht umhin kann, die Nähpaudel hervorzuholen und mit Nadel und Faden tätig zu werden.
Während ich nach der passenden Farbe für den Rocksaum suche, fällt mir ein, wie ich als Kind, auf einer Fußbank hockend, der am Fenster sitzenden, mit Hand- und Ausbesserungsarbeiten beschäftigten Mutter zusah. Ich lachte, fuhr ihr der Faden mehrmals am Nadelöhr vorbei, ganz so wie es mir jetzt auch beim ersten und zweiten mißlungenen Versuch geschieht. Damals wollte ich beim Stopfen helfen und erhielt auch auf meine Bitte eine löcherige graue Socke.
Nein, mit einem ebensolchen grauen Faden wollte ich nicht die Löcher schließen, denn dann könne man ja das Ergebnis nicht erkennen! Also fädelte mir die Mutter einen giftgrünen Wollfaden ins Nadelöhr und machte wunschgemäß an "beide Ender Knoten", damit er nicht immer wieder ungehindert durch das Gestrick flutschen konnte. Emsig stach ich die Nadel auf und ab durch das Löchergewirr, gab mir nicht die Mühe, zwischendurch den Faden abzuschneiden, sondern zog ihn munter von einem zum anderen Loch, prudelte so lange, bis nichts mehr offen war und der grüne Faden aufgebraucht.
Auf das Ergebnis war ich, so glaube ich, recht stolz, wenn es auch etwas seltsam aussah, lachte doch die Mutter recht freundlich, als sie mir den Strumpf aus der Hand nahm.
Daß meine Flick- und Stopfarbeiten heutzutage sehr viel besser als damals ausfallen, möchte ich nicht behaupten, und beim Erinnern an die Handarbeitsstunde in der Schule nehme ich an, daß mir die Lehrerin für die eine oder andere Prudelei wohl kaum eine gute Note geben würde, vielmehr von nicht "ganz ordentlich" und "heißer Nadel" spräche.
Doch was stört mich das heute? Ich weiß mir mit Nadel und Faden zu helfen, gehe nicht mit abgerissenem Saum aus dem Haus und ganz ohne fremde Hilfe gelingt es mir, "an einem oder an beider Ender Knoten" zu machen. Annemarie Meier-Behrendt |
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