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Vor zwei Jahren stand ich im äußersten Zipfel von Berlin-Zehlendorf mit einem Freund in seinem Wagen auf dem Teltower Damm an einer roten Ampel. Die Fußgänger hatten Grün. Aus der Leuchtenburgstraße kam ein älterer Mann angetrabt, zum Bus. In der Hand eine alte Aktentasche, in der sich wahrscheinlich eine Stulle und eine Tageszeitung befinden. Sein Name: Eberhard Diepgen.
Der Mann, der von 1984 bis 2001 (mit Unterbrechung) als Berlins Regierender Bürgermeister die Hauptstadt gelenkt hatte, war zum "einfachen Abgeordneten" degradiert worden. Eberhard Diepgen war in den Bankenskandal verwickelt gewesen. Der Niedergang der "Berliner Bankgesellschaft" hatte mit dazu beigetragen, daß jeder Berliner 16.000 Euro Pro-Kopf-Verschuldung seines Bundeslandes schultern muß (zum Vergleich: bei einem Bayern sind es "nur" 3.000).
Für den Gefallenen ein harter Einschnitt. Keine Privilegien mehr, statt dessen: Fußmarsch zum Omnibus und Weiterfahrt zum Preußischen Landtag mit der S-Bahn. Es war einer der wenigen Momente, in denen mir Eberhard Diepgen irgendwie leidtat.
Im Jahr vor unserer Ampelbegegnung, 2002, hatte sich der langjährige CDU-Landeschef um ein Bundestagsmandat beworben. Damals zeigten ihm die Delegierten die Kante. Vor allem jüngere Unionsmitglieder fragten damals lautstark: "Wie sollen wir für den Neuanfang stehen, wenn wir mit den alten Köpfen antreten?" Der 63jährige zog sich reuig zurück, verfaßte seine Memoiren und lud die Presse zur "Homestory" in sein neues Innenstadt-Domizil.
Was 2002 kaum einer erwarten mochte: Seine Bemühungen um Aussöhnung mit der Partei waren letzten Endes von Erfolg gekrönt. Jetzt bettelt ihn die CDU an: Bitte kandidiere in Neukölln. Der Elendsbezirk ist Diepgens langjährige politische Heimat. Beim letzten Mal siegte hier der SPD-Kandidat mit über fünf Prozent Vorsprung. Der Name Diepgen und die guten Umfrageergebnisse der Union lassen aber einen Triumph Diepgens als sicher erscheinen. Letzte Woche durfte er auch schon neben dem neuen CDU-Chef Ingo Schmitt platznehmen.
Wenn Eberhard Diepgen in den Bundestag einzieht, hat er es nicht mehr weit zur Arbeit, seit er nach Wilmersdorf gezogen ist. Fünf U-Bahnstationen nur. Aber mit den "Öffentlichen" braucht er dann sowieso nicht mehr zu fahren. Als MdB genießt er das Privileg, die Bundestags-Fahrbereitschaft nutzen zu können. Ganz wie früher. |
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