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Er gilt heute als ein Klassiker der Moderne, als einer der Hauptvertreter des Expressionismus in Deutschland: Karl Schmidt-Rottluff. Geboren wurde er als Karl Schmidt am 1. Dezember 1884 als Sohn eines Müllers in dem sächsischen Dorf Rottluff. Ursprünglich wollte er, der sich schon während seiner Schulzeit in Chemnitz durch besondere Begabung im Zeichnen hervortat, Architekt werden. So besuchte er die Technische Hochschule in Dresden. Dort rief er gemeinsam mit Erich Heckel, Fritz Bleyl und Ernst Ludwig Kirchner 1905 die Künstlergemeinschaft "Brücke" ins Leben.
Die gemeinsame Begeisterung für die Malerei hatte die vier Studenten zusammengeführt und schon bald stießen gleichgesinnte Maler zu ihnen, darunter Max Pechstein und Otto Mueller. 1906 kam Emil Nolde dazu, der allerdings die Gruppe bald wieder verließ. Nach dem Umzug der "Brücke"-Maler 1911 nach Berlin blieb die Gemeinschaft nur noch zwei Jahre bestehen. Bereits 1913 zerstritten sich die Freunde, und jeder begann seinen eigenen Weg zur Kunst zu suchen.
Schon während der gemeinsamen Zeit der "Brücke" verfolgte Schmidt-Rottluff seine Ansichten von Kunst mit der ihm eigenen Ausschließlichkeit. "Das von Anfang an konsequente Beharren auf der eigenen Bildvorstellung und der eigenen Position ließ Schmidt-Rottluff auch später Werke von großer Unabhängigkeit und künstlerischer Selbständigkeit hervorbringen", betonte Magdalena Moeller vom Berliner Brücke-Museum. "Als einzigem der ehemaligen ,Brücke -Künstler gelang es ihm, die Stilmöglichkeiten des Expressionismus vollständig auszuschöpfen bzw. im Spätwerk sogar noch einmal zu steigern."
In einer gemeinsam mit dem Brücke-Museum, dem Museum am Ostwall in Dortmund und der Kieler Kunsthalle erarbeiteten Ausstellung zeigt das Museum der bildenden Künste in Leipzig noch bis zum 14. Juli eine umfangreiche Retrospektive Schmidt-Rottluffs. Die Ausstellung mit 89 Gemälden, 44 Aquarellen und 25 Zeichnungen (nur die Druckgraphik ist ausgenommen) zeigt das Werk in chronologischer Folge vom Gündungsjahr der "Brücke" 1905 bis in die 1970er Jahre. In drei "Zeitinseln" wird sein Werk, der selbst so sehr viele junge Künstler beeinflußt hat, etwa 25 Arbeiten anderer Maler gegenübergestellt, um den engen Austausch der Künstler mit den Strömungen ihrer Zeit zu zeigen.
Eine "Zeitinsel" befaßt sich mit den Jahren 1910-1913. In dieser Zeit war es auch, da Schmidt-Rottluff in den Sommermonaten Nidden auf der Kurischen Nehrung besuchte. 1909 hatte Max Pechstein dieses Maler-Paradies für sich entdeckt, und er mag auch Schmidt-Rottluff darauf aufmerksam gemacht haben. Von Juni bis August 1913 blieb er in Ostdeutschland. Beeindruckt von der unvergleichlichen Landschaft, malte Schmidt-Rottluff dort auch zum ersten Mal Akte in der freien Natur. Lebensfreude und Sinnlichkeit darzustellen gelingt ihm ebenso wie die Synthese von Ausdruck und Form. Eine "unerklärliche Sehnsucht, das zu fassen, was ich sehe und fühle, und dafür den reinsten Ausdruck zu finden", sei es, was ihn antriebe, hat Schmidt-Rottluff, der 1976 starb, einmal bekannt.
Ein umfangreiches Begleitprogramm und ein im Hirmer-Verlag erschienener Katalog (25,50 E) geben Erläuterungen zu der Ausstellung in Leipzig. Der ersten großen überhaupt, auf der dort das Werk des Künstlers gewürdigt wird - obwohl die erste Ausstellung der "Brücke" bereits im November 1905 in der Kunsthalle Beyer & Sohn in Leipzig gezeigt wurde und Schmidt-Rottluff 1908 als der erste "Brücke"-Künstler Eingang fand in die Sammlung des Museums der bildenden Künste in Leipzig.
Karl Schmidt-Rottluff: Schiffe im Hafen (Holzschnitt, 1913; im Besitz des Brücke-Museums Berli |
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