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Sieben Gaben Gottes Von DIETRICH SANDERN, Pfarrer
Sende aus Deinen Geist, und das Antlitz der Erde wird neu." Mit diesen Worten ruft und fleht die Kirche Jesu Christi und die Vielzahl der Gläubigen zu Gott, daß er die Welt nicht im Stich läßt, sondern ihr weiterhin seinen Geist schickt, der "das Antlitz der Erde" neu machen kann und wird.
Dieser Ruf entspringt der alltäglichen Erfahrung, daß der Un-Geist, der böse Geist diese Welt zerstört. Er zerstört den einzelnen Menschen; er zerstört Gemeinschaft und Beziehungen von Menschen, ja ganzen Völkern; er zerstört mit ihnen diese Erde, die doch für alle Frieden, Glück, Erfüllung und Leben bringen soll, ein Leben, das nicht nur ein paar Jahre so sein soll, sondern das ewige Leben als Ziel hat. Wir erleben diesen bösen Geist in unserer Zeit auf vielfältige Weise. Denken wir nur an die vielen Kriege, Machtkämpfe auch im Namen Gottes auf unserer Erde, wiederum angefangen bei den kleinsten persönlichen Anlässen bis hin zu den Betroffenheit en von Gruppen und Völkern, Rassen und Nationen.
Dieser Ruf entspringt der tiefliegenden Sehnsucht des Menschen nach Frieden, Glück und Erfüllung und dem festen Vertrauen, daß Gott durch seinen Geist dieses alles dem Menschen geben kann. Zumal Jesus versprochen hat: "Ich werde euch den Geist senden, der euch in alle Wahrheit einführen wird." Oder wie wir es in der Apostelgeschichte lesen: "Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird, und ihr werdet meine Zeugen sein." (Apg. 1,8)
Wer ist dieser Geist, um den wir beten? Dieser Geist ist nicht eine anonyme Kraft, die uns umgibt, nicht eine psychologische oder naturwissenschaftliche Größe, die in die materielle, geschöpfliche Welt hineingehört, sondern dieser Geist ist Gott selbst wie der Vater und der Sohn mit all den "Eigenschaften", die wir in Gott erkennen und anerkennen. Dieser Geist ist Leben, und er gibt allem das Leben. Er ist die ordnende Kraft, die schon am Anfang der Welt über dem Chaos schwebte und sie in die Bahnen von Recht und Gesetz führt. Er ist der Geist, der im weiteren diese geordnete Welt gewaltig und unbändig durchweht, damit sie nicht in das Ungeordnetsein und letzten Endes in das Nichts zurückfällt. Er ist der Geist der Liebe, der alles Böse überwindet. Wo die Güte und die Liebe, da ist Gott. Und umgekehrt: Wo Gott ist, da ist die Liebe. Wir wollen uns dessen immer bewußt sein! Zeigt es sich nicht auch an allen Ecken und Enden, daß dort, wo sich der Mensch von Gott löst und meint, ohne ihn auskommen zu können, das Böse überhand nimmt und sein zerstörerisches Werk vollbringen kann? Dieser Geist Gottes, der Heilige Geist, ist also der Geist, den wir alle so dringend brauchen, um wirklich als Mensch leben und verantwortlich handeln zu können jeder von uns als einzelner, wir als Kirche, wir als Gesellschaft in Politik, Wirtschaft, Kultur.
Nicht zuletzt ist dieser Geist Gottes der Heilige Geist, der uns all seine Gaben umfassend gibt in reichlichem, überfließendem Maß. Nach alter Tradition können wir diese Gaben in sieben inhaltsreichen Worten zusammenfassen: Weisheit, Verstand, Wissen, Rat, Stärke, Frömmigkeit und Ehrfurcht.
Weisheit: Zu allen Zeiten und bei allen Völkern gehörten die weisen Menschen zu den angesehensten. Man wußte, daß sich dahinter reiche Lebenserfahrung verbarg. Höhen und Tiefen des Lebens hatten diese Menschen ausgekostet und waren daran gereift. So waren sie auf das Wesentliche des Lebens gestoßen und ließen sich davon leiten letztlich Gott. Weisheit ist, nicht am Kleinkram des Alltags hängenbleiben, nicht den Blick und das Leben auf das Diesseits ausrichten, sondern Maßnahmen an Gott und das Leben an ihm orientieren.
Verstand: Gott hat uns den Verstand gegeben, damit wir diese Welt, ihre Ordnung und Ziele erkennen und durchschauen, damit wir aus diesen Erkenntnissen heraus den Schöpfungsauftrag erfüllen. Der Verstand braucht den Geist Gottes, damit er das Rechte erkennt und nicht in Stolz und Überheblichkeit in die Irre geht.
Wissen: "Wissen ist Macht", Wissen kann fürchterlich mißbraucht werden. Deshalb ist es um so notwendiger, daß der Geist hier helfend und führend dem Menschen beisteht, damit er sein Wissen zum Wohle der Menschheit einsetzt. Das ist umso wichtiger, als der Umfang des Wissens immer größer wird und auch an immer entscheidendere Grenzen stößt, wie gerade heute der Stand der Forschung (z. B. Gen) aufweist. Wenn Wissen nicht mit Weisheit gepaart ist und vom Geist Gottes geleitet, kann es zu gewaltigen Katastrophen führen.
Rat: Wir alle stehen im Alltag vor Aufgaben und Entscheidungen, bei denen "guter Rat teuer" ist. Auch hier wieder, damit wir zur rechten Zeit das Rechte tun.
Stärke: "Der Mensch hat Rückgrat." Dieses und eine Reihe anderer Sprichwörter oder Volksweisheiten zeigen auf, worum es geht. Nicht um eigensinniges Durchsetzen eigener Wünsche, sondern um Standfestigkeit im Einsatz für Güte, das Rechte, für die Wahrheit. Da sind wir mit unseren Kräften manchmal überfordert. Aber Gottes Geist gibt uns diese fehlende Stärke.
Frömmigkeit: Damit ist nicht ständiges Händefalten und Beten gemeint: aber wohl sich dessen bewußt sein, immer in der Gegenwart Gottes zu stehen und aus diesem Leben mit ihm auch den Alltag leben und gestalten, ja sagen zu dem, was es für mein Leben und die Ewigkeit vorsieht. Auch dazu braucht es seinen Heiligen Geist.
Ehrfurcht: Ehrfurcht hat nichts mit Angst oder Unterwürfigkeit zu tun. Sondern das Wissen und das Bewußtsein, alles die gesamte Schöpfung kommt von Gott und ist von Gott geliebt. So muß ich der Natur, allen Lebewesen, besonders dem Menschen begegnen; und erst recht dem Menschen, mit dem ich auf besondere Weise verbunden bin. In ihm erkenne ich Gott, und deshalb achte und ehre ich ihn.
"Sende aus deinen Geist, und das Antlitz der Erde wird neu." Damit das Antlitz der Erde immer wieder verändert wird, erneuert wird, damit unser Bemühen und Arbeiten daran zum Erfolg führt, hat Jesus Christus uns den Heiligen Geist versprochen und gesandt. Im Vertrauen auf diese Zusage feiern wir Pfingsten.
Zum Leben ermutigt Von EDELTRAUD ROSTEK, Pastorin i. R.
Wenn ein angenehm warmer Wind oder auch kräftige Windböen den Wanderer begleiten, können sie ihn daran erinnern, daß der Geist Gottes Menschen der Bibel wie ein Windhauch oder auch ein Sturm begegnete: Durch einen kräftigen Wind ließ Gott die Wasser nach der großen Flut fallen und schenkte allen, die in der Arche waren, die Erde neu.
Zum verfolgten und ermüdeten Elia kam Gott in einem stillen sanften Sausen und ermutigte ihn: Gehe deinen Weg und tue, was ich dir sage. Weil der Gottesgeist die Jünger Jesu in der Pfingstgeschichte wie ein Sturmwind durchdrang, konnten sie den Menschen zurufen: die Hilfe, die wir von Gott erwarten, hat Jesus Christus uns gebracht.
Der Gottesgeist rührt auch heute Menschen an, führt sie zu neuen Aufgaben und schenkt ihnen darin das Leben.
In gleicher Weise deuten Feuer und Licht die Nähe des Gottesgeistes an. Das helle Licht, das die Farben der Kirchenfenster erleuchtet, der warme Schein einer Kerze, der unseren Blick auf sich zieht, oder das Licht freundlicher Begegnungen lassen uns an ihn denken.
In der Bibel wurde Mose durch das helle Licht eines brennenden Dornbusches angezogen und hörte den Auftrag: "Du sollst mein Werkzeug sein, wenn ich mein Volk aus dem Elend Ägyptens herausführen werde." Und während der Wüstenwanderung zog Gott in einer Feuersäule vor seinem Volk her, so daß es auch im Dunkeln seinen Weg erkannte.
Wie von Feuerflammen erleuchtet, konnten die Jünger Jesu am Pfingstfest zu den Menschen reden: In dem, was Jesus Christus verkündete und tat, wie er lebte, starb und zu neuem Leben erhoben wurde, ist Gott uns nahe.
In einem dritten Symbol erinnert die Taube an den Gottesgeist. In ihren weißen Gefiedern, voller Bewegung und friedlich zugleich, steigt sie aus der Höhe herab und bildet die Verbindung zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und uns Menschen ab. Wie eine Taube kam der Gottesgeist nach der Taufe zu Jesus Christus hernieder. Fortan wirkte er unter allem Volk durch ihn.
Gemeinsam betonen die Bilder: Der Gottesgeist ermutigt uns zum Leben. Wenn er in unser Tun eingeht, wird von ihm Leben und Zukunft für unsere Welt ausgehen.
"Es ging ihnen durchs Herz" Von HORST THIEMANN, Pfarrer i. R.
Liebe Leserinnen und Leser des es, seit Monaten liegt die Einladung zum Deutschlandtreffen der Ostdeutschland in Leipzig auf dem Tisch. Aber es geht nicht um eine "Mustermesse in Sachen Angebot und Nachfrage", sondern um ein Treffen von Leuten, denen die Heimat nach allem widerfahrenden Leid weder gleichgültig ist noch als "abgeschrieben" gilt. Daran kann und darf auch das "Geschrei" der Gegner unserer Freundeskreis nichts ändern; denn, wer die Leidenswege der Pommern, Ostdeutschland, Schlesier oder Sudetendeutschen ignoriert und andere Leidensgruppen in unserem Land besonders bevorzugt, muß sich die Anfrage gefallen lassen: Wie hälst DU es eigentlich mit der Wahrheit und Redlichkeit?
Das "Pfingstereignis", wie es uns in der Apostelgeschichte Lukas Kap. 2, berichtet wird, mahnt zur Wahrheitsliebe, Redlichkeit. Von den damaligen Zuhörern der Apostelbotschaft heißt es: "Es ging ihnen durchs Herz!" Sie spüren etwas von der Dynamik der Zuwendung des Herrn dieser Welt zu uns Menschen durch Jesus Christus und fragten: "Was sollen wir tun?" Das bedeutet: Das Zentrum ist getroffen worden! Modern würden wir sagen:
das geht an die Nerven, das geht an die Nieren; das Gewissen ist beunruhigt! Hier muß etwas getan werden, etwas Entscheidendes muß geschehen! Diese Sache kann man nicht einfach auf sich beruhen lassen, denn es ist nicht damit getan, sich den Kopf zu zergrübeln! Eine solche Erkenntnis, die das Innerste aufwühlt, ist heilsam!
Pfingsten ist kein Ereignis für Träumer oder Schwärmer. Es ist weder eine Sache von Halbgebildeten noch von Angeheiterten. Schlichte Leute aus dem Volke waren es, aber Leute, die tagelang in flehentlichem Gebet beisammen waren. Keine Weltfremden, Sektierer oder meschenverachtende Politiker, sondern Wartende und Erwartende: Menschen, die Wegweisung und Wegbegleitung erhofften!
"Es ging ihnen durchs Herz" eben, Ostpeußen sind für friedlichen Wandel!
Eine ehrliche Frage ist aufgebrochen: "Was sollen wir tun?" Und die apostolischen Zeugen waren um eine klare Antwort nicht verlegen. Hier finden wir kein Drumherumreden, keine unverbindlichen Redensarten, sondern Entscheidung fordernde Ratschläge: "Buße tun" = ändert euren Sinn brecht den "Tanz um das goldene Kalb" ab, singt nicht mehr die menschenverachtende Melodie "Das rechnet sich nicht"; "lebt aus der Vergebung", die euch täglich Gottes Gnade zuteil werden läßt und sucht den Weg zum friedlichen Wandel mit dem Nachbarn, dem Mitmenschen; "werdet geistbegabt" = lernt die "Radikalinskies" mitten unter uns zu unterscheiden von denen, die den friedlichen Wandel suchen!
Wenn der Herr des Lebens schon zu den Menschen kommt, gerät der sogenannte "Durchschnitts-mensch" aus dem Konzept. Die "christlichen Konserven", von denen wir bisher lebten in einer Art "Privatreligion", erweisen sich als absolut unbrauchbar.
Pfingsten heißt u. a.: In der Kirche, mit der Kirche, für das Leben; denn von nun an ist die Predigt Christuszeugnis, und so ist es geblieben bis auf den heutigen Tag. In der ersten christlichen Generation war das sonnenklar und nicht durch vielerlei mögliche und unmögliche Gedankenakrobatik verdunkelt. Wo der heilige Geist sich zu Worte meldet, hören die Redensarten auf, kommen alle komplizierten Akrobaten-Kunststücke des Intellekts zum Schweigen, da wird alles ganz einfach, äußerst schlicht und absolut praktisch. In der Kirche, mit der Kirche, für das Leben bedeutet letztendlich: Christliche Glaubensaussagen wollen keine "toten", trockenen Dogmen sein aber ohne sie wird unsere Welt von Tag zu Tag ärmer, geht jeglicher Ethos an Menschwürde und Menschlichkeit wie heißt es doch heut so "schön" "den Bach runter"!
Irren wir uns nicht: Pfingsten und das Thema unseres Ostdeutschlandtreffens in Leipzig "Ostdeutschland für friedlichen Wandel" (!) geht uns alle an! Unsere Freundeskreis muß unsere Gemeinschaft, Ort des Miteinanders und der Geborgenheit sein und bleiben!
Ich grüße Sie in heimatlicher Verbundenheit mit dem nachfolgenden Lied (KG # 170):
Komm, Herr, segne uns, daß wir uns nicht trennen,/ sondern überall uns zu dir bekennen./ Nie sind wir allein stets sind wir die Deinen./ Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.
Keiner kann allein Segen sich bewahren./ Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen./ Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen,/schlimmen Schaden heilen,/ lieben und verzeihn.
Frieden gabst du schon, Frieden muß noch werden,/ wie du ihn versprichst uns zum Wohl auf Erden./Hilf, daß wir ihn tun, wo wir ihn erspähen,/ die mit Tränen säen, werden in ihm ruhn.
Komm, Herr, segne uns, daß wir uns nicht trennen,/ sondern überall uns zu dir bekennen./ Nie sind wird allein stets sind wir die Deinen./ Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.
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