Ben 84

Als ich ihn zum ersten Mal sah, schossen mir die Tränen in die Augen. In diesem Alter noch arbeiten zu müssen, eine Schande, dachte ich. Gab es keinen, der ihn unterstützte, wenn seine Rente so gering war? Da stand er nun mit seiner strahlendblauen Weste am Eingang des Supermarkts und verteilte an alle, die etwas umzutauschen hatten, schrill leuchtende Aufkleber, um die Ware zu kennzeichnen. Dabei hatte er ein freundliches Lächeln für jeden übrig, ob groß oder klein, dick oder dünn, sch

warz oder weiß. Auch die Kunden, die eigentlich griesgrämig hätten dreinblicken müssen, weil sie schließlich gekommen waren, um zu „meckern“, lächelten den alten Mann an. „Wie geht’s, Ben? Alles ok? Was macht dein Rücken?“ Ben reckte sich auf und grinste: „Wie’s schon geht mit 84. Die alten Knochen knacken ein wenig, aber sonst ist alles ok.“

84 Jahre und dann noch arbeiten? Ein wenig schauderte es mich, aber Ben schien diese Arbeit Freude zu bereiten und – er machte sie freiwillig, wie sich herausstellte. Der amerikanische Supermarkt, der übrigens auch Filialen in Deutschland hat, beschäftigt die alten Herrschaften für jeweils zwei Stunden. Fahrten und Mittagessen werden bezahlt. Die Freiwilligen sind angetan von ihrem Job, so kommen sie heraus aus ihrem Alltag, sehen andere Menschen und erleben so manches. Ben, 84, jedenfalls sah zufrieden aus.