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Clowns unter sich

 
     
 
Hast du gestern abend gehört, wie schön ich gepfiffen habe?" fragt der Oberclown, der seinen Platz auf dem Bücherregal hat, und lächelt mit breitem Mund.

"Hast du heute schon gehört, wie schön ich geschwiegen habe?" fragt der Unterclown auf dem Sofa zurück und lacht noch breiter.

Wenn die Besitzerin der Clowns den kleinen Schalter unter dem Stuhl des oberen anknipst, bewegt er den schlapphütigen Kopf und den einen Fuß mit dem kaputten Latschen hin und her und pfeift eine fröhliche Melodie.

Mit übergeschlagenen Beinen sitzt der Unterclown auf der Sofalehne und lächelt fröhlich in den Tag. Sein brandroter Schopf und seine grünrot karierte Jacke leuchten schon von weitem. Die in der Wohnung ein- und ausgehen, hören nicht, wenn sich die beiden Spaßmacher unterhalten, nur ihre Besitzerin versteht sie.

Gerade sagt der obere Clown: "Du, ich glaube, unsere Frau ist heute schlecht gelaunt. Sie wird also meinen Schalter nicht anknipsen. Das tut sie nur, wenn sie froh gestimmt ist, schade." - "Dann wird sie mir auch nicht über den Kopf streichen", meint der andere betrübt, "oh, es ist solch ein gutes Gefühl gestreichelt zu werden."

"Ich mag unsere Frau sehr gern", grübelt Schlapphut laut, "auch wenn sie ein bißchen mollig ist und oft über ihre Wehwehchen stöhnt. Dafür singt sie manchmal, wenn auch nicht gerade schön. Mein Pfeifen hört sich wesentlich besser an."

"Angeber!" Rotschopf zwinkert mit einem seiner gemalten Augen. "Ich kann unsere Frau auch gut leiden. Sie albert immer mit ihren Enkeln herum und dabei benutzt sie mich manchmal als Wurfgeschoß. Ich mag es gern, durch die Luft zu wirbeln und von den Kindern aufgefangen zu werden."

"Sag mal, hast du gestern abend die Feuersäule im Fernsehen gesehen?" fragt Schlapphut. "Ich verstehe überhaupt nicht, warum die Menschen nicht miteinander klarkommen."

"Ja, dabei könnten sie sich an uns ein Beispiel nehmen", bestätigt Feuerschopf, "wir sind immer lustig und machen die anderen froh. Die Menschen tun zwar so, als hätten sie den Durchblick, aber den Eindruck habe ich nicht."

"Genau", sagt der Schlapphütige. "Ach, ich würde mir jetzt gern eins pfeifen. Und weißt du auch warum? Weil in dieser Welt ja doch noch ein paar Clowns herumlauf
en. Die meisten haben zwar das Lachen verlernt, aber einige können es noch, und das ist beruhigend."

"Ja, wer ein Spaßmacher ist", meint Feuerschopf nachdenklich, "der kann lachen, aber auch weinen, und genau das ist der Punkt, der die Herzen der Menschen anrührt."

"Uiii, du redest ja richtig philosophisch daher", wundert sich der Schlapphütige. "Ach, wo ist bloß unsere Frau? Immer wenn man sie braucht, ist sie nicht da. Ich kann mich schließlich nicht selbst anknipsen."

"Aber wir können doch schon durch unser Aussehen das Lachen der Menschen anknipsen", meint Feuerschopf.

"Ganz richtig!" Der mit dem Schlapphut nickt. "Stell dir mal vor, die Menschen würden immer singen und tanzen und pfeifen wie wir beide, dann kämen sie gar nicht mehr dazu, Kriege anzuzetteln und Bomben zu werfen." Rotschopf hüpft auf der Sofalehne herum. "Ja, dann gäbe es keine Dramen mehr und die Welt wäre heller. Schööön!"

Sigi Helgard: Clowns (Öl,1990; in Privatbesitz)

 

Unterwegs

Auf der Straße

nach Swetlogorsk

steht der

ostdeutsche Sommer

breit über den Alleen.

Wir fahren nach

Rauschen

in die Lichtstadt.

In der blauen

Bernsteinerde

leuchten verborgen

die alten Zeiten.

 
     
     
 
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