A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Bildhauer Hermann Brachert

 
     
 
Einem "ungewöhnlich reiches Arbeitsfeld" sah sich der Bildhauer Hermann Brachert gegenüber, als er 1919 als Leiter der Abteilung für dekorative Stein- und Holzplastik an die Kunst- und Gewerkschule nach Königsberg berufen wurde. Im vom Ersten Weltkrieg zerstörten Ostdeutschland fand der am 11. Dezember 1890 in Stuttgart Geborene ein Land in raschem Aufbau vor, und bald entstanden in Zusammenarbeit mit namhaften Architekt
en wie Hopp, Lahrs und Liebenthal Bauten, die Brachert mit Einzelfiguren oder Gruppen in Stein, Bronze und Eisen schmückte – in Königsberg die Universität, das Haus der Technik, den Hauptbahnhof, die Bahnpost, den Handelshof, die Mädchengewerbeschule, das Flughafengebäude in Devau. Aber auch in Pillkallen, Insterburg, in Georgenswalde, wohin Brachert sich 1933 zurückgezogen hatte, und in Rauschen fanden sich Werke des Bildhauers.

Wie durch ein Wunder sind einige seiner Arbeiten durch die Wirren des Krieges und vor der anschließenden Zerstörungswut gerettet worden, die Bronzeplastik "Nymphe" oder die Marmorplastik "Mädchen mit Krug", das Marmorrelief "Schwebende Nymphe", zwei Natursteinreliefs "Fischer mit Nixe" und "Drei Mädchen mit Bernstein" in Rauschen etwa. Überhaupt ist Rauschen, heute Swetlogorsk genannt, und Georgenswalde (heute Otradnoe) zu einem Zentrum der Pflege Brachertscher Kunst geworden. Im ehemaligen Wohnhaus des Bildhauers in Georgenswalde wird das Andenken des Künstlers liebevoll gepflegt. Dietrich Zlomke, Architekt und ausgewiesener Kenner des Brachertschen Oeuvres, der auch ein erstes Werkverzeichnis herausbrachte, hatte nach Angaben von Bracherts Sohn den Grundriß des Hauses rekonstruiert. Freunde und die Familie des Künstlers, die Bezirksverwaltung Rauschen, aber auch private russische Spender haben dazu beigetragen, daß vor bald fünf Jahren dieses kleine, aber feine Museum eröffnet werden konnte.

Alla Sarul, die Direktorin des Brachert-Museums in Georgenswalde, plant nun zu diesem Jubiläum im August/September 1998 eine Fachtagung zu dem Thema "Der Künstler in der Zeit", die sich mit Leben und Werk Hermann Bracherts beschäftigen soll. Geplant ist auch eine Ausstellung mit Werken aus Privatbesitz.

Neben monumentalen Werken schuf der Stuttgarter auch zahlreiche Porträtbüsten und andere kleinere Arbeiten, etwa die Kant-Medaille, die im Stadtgeschichtlichen Museum zu sehen war, die "Schwebende", eine Bernsteinschnitzerei aus dem Jahre 1938, die heute im Ostdeutschen Landesmuseum gezeigt wird, oder den "Windsbrautkasten", eine 1940 geschaffene Arbeit in Bernstein mit Silber, heute im Museum Haus Königsberg in Duisburg.

Die Beschäftigung Bracherts mit dem "Gold der Ostsee", das der Künstler auch zu kostbarem, sakralem Gerät verarbeitete, kam nicht von ungefähr, war der Bildhauer doch – mit dreijähriger Pause – von 1930 bis 1944 künstlerischer Berater der Staatlichen Bernsteinwerke in Königsberg.

Nach einem Vierteljahrhundert fruchtbaren Wirkens in Ostdeutschland mußte Hermann Brachert das Land verlassen und damit auch einen Großteil seiner Werke aufgeben. In Süddeutschland begann seine dritte Schaffensperiode, die reich war an künstlerischer, aber auch an pädagogischer Tätigkeit. Brachert wurde Leiter der Bildhauerklasse an der Akademie in Stuttgart, später deren Rektor. Zu seinem 70. Geburtstag wurde er zum Ehrenmitglied der Akademie ernannt, 1961 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Am 2. Juni 1972, vor nunmehr 25 Jahren, starb Hermann Brachert. Zu seinen letzten großen Arbeiten zählt eine Bronzeplastik, die eine vorwärtsdrängende Frauengestalt zeigt. Sie steht heute vor dem Ostdeutschen Landesmuseum in Lüneburg. Brachert hatte ihr einen treffenden Titel gegeben: "Erinnerung an Ostdeutschland". Peter van Lohuizen

 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Für Sie gelesen

Wer ist ein Lump?

Wenn umwelt die Sinne trübt

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv