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Blutbad von Rhodos

 
     
 
Wenn in diesen Wochen wieder Tausende von Touristenfüßen die Steine in der Altstadt von Rhodos noch blanker treten, als sie ohnehin schon sind, dann wird kaum einer der Erholungssuchenden einen Gedanken darauf verschwenden, von wieviel Blut diese Steine schon getränkt wurden. Der eine oder andere historisch Interessierte wird sich vielleicht die Multimediashow ansehen, die auf den Festungsmauern ausgestrahlt wird, andere wiederum werden dem Großmeisterpalast einen Besuch abstatten (es gehört sich schließlich so) und die anderen historischen Gebäude in der Altstadt ehrfurchtsvoll bestaunen, vielleicht auch die dicken Mauern zaghaft berühren, was aber wirklich vor bald über 500 Jahren rund um die Mauern der Stadt Rhodos geschah, wird kaum einer vollkommen nachempfinden können.

Eine gewaltige Armee von gut 100.000 türkischen Kriegern
unter dem Kommando ihres Sultans Suleiman, den man den Prächtigen nannte, belagerte damals die Stadt, in der seit 200 Jahren die Ordensritter der Johanniter herrschten. Diese christliche Enklave im Osmanischen Reich, das sich immer weiter ausdehnte, war ein Stachel im Fleisch des Sultans. Hinzu kam, daß die Ritter Kauffahrtsschiffe nicht unbedingt unbehelligt ließen, sich in den Augen der anderen wie Piraten benahmen. Nachdem sein Großvater bereits 1480 gescheitert, sein Vater über erneuten Kriegsvorbereitungen gestorben war, erklärte Suleiman dem Orden schließlich den Krieg. Es kam zu einem gewaltigen Gemetzel zwischen Christen und Moslems, ein fünf Monate währendes Blutbad, das Tausende von Toten forderte.

Was waren das für Menschen, die derartig grausam miteinander umgingen? Was dachten die Männer, die ihre Soldaten in den sicheren Tod schickten? Wie fühlte die Zivilbevölkerung, die in diesem Krieg so gar keine Chance hatte? Anthony A. Goodman, außerordentlicher Professor für Medizin an der Montana State University in den USA, ist in seinem ersten Roman "Die Mauern von Rhodos" diesen Fragen nachgegangen. Er stöberte in Archiven, las die Schriften von Zeitzeugen, Tagebücher und Briefe, die auf wundersame Weise erhalten blieben. Das Übrige ist Phantasie und Vorstellungskraft. Wenn auch hin und wieder der Mediziner zum Vorschein kommt, etwa in der sehr detailgetreuen Schilderung einer Amputation in jener Zeit, wenn auch einige unnötige Wiederholungen den Fluß der Erzählung bremsen, so ist dieser historische Roman wenn nicht eine "Sternstunde" wie Newsweek befand, so doch ein lesenswertes Buch für alle, die sich für die Geschichte des Mittelmeerraums interessieren. man

Anthony Goodman: "Die Mauern von Rhodos", Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2004, broschiert, 556 Seiten, 8,90 Euro

 
     
     
 
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