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Bildungsnot

 
     
 
Im November 1997 hielt Bundespräsident Herzog eine Rede zur Bildungspolitik, in der er den vielbespöttelten "Ruck" forderte, der durc Deutschland gehen müsse. Der wollte allerdings partout nicht kommen. Satte überfütterte Bundesbürger schätzen keine ruckartigen Veränderungen. Aber wenigsten ein Initiativkreis entstand, an dem sich maßgeblich die Bertelsmann-Stiftung beteiligte die außer einem Memorandum
jetzt einen Bildungskongreß in Bonn zustande brachte. Die Vorbereitungen fanden ohne öffentliche Aufmerksamkeit statt, und das unterscheidet die heutige Bildungspolitik von der früheren. Ein kurzer Rückblick möge den Wandel zeigen Das waren noch Zeiten, als die Bildung von erstrangiger Bedeutung war. In den Jahren de Neoaufklärung zwischen 1965 und 1975 glaubte die Bildungslinke, eine neue, besser Gesellschaft zu bauen, wenn man gebildete Menschen heranzieht. Deshalb reformierte man da Bildungssystem, schuf Gesamtschulen und Gesamthochschulen, strukturierte den Lehrkörpe um und ließ nichts so, wie es war. Ein Spottgedicht nahm diese hektische Reformsucht auf Korn: "Wir ändern morgen, wir ändern heut, wir ändern wütend und erfreut, wi ändern, ohne zu verzagen, an allen sieben Wochenta- gen ... Und ist der Plan auch gu gelungen, bestimmt verträgt er Änderungen."

Ja, mach nur einen Plan. Die Jahre 1968 und 1969 brachten positive und negativ Neuerungen. Euphorisch wurden Schulen und Hochschulen materiell und personell ausgebaut Noch 1964 hatte Georg Picht, eine längst vergessene Größe, von der "deutsche Bildungskatastrophe" gesprochen. Darunter verstand er damals einen Mangel a Akademikern. Folge dieser Propaganda: Steigerung der Abiturientenmassen.

Aber die Studentenzahlen ließen die Universitäten zu unregierbaren Monstern werden unpersönlich, bürokratisiert, ineffektiv. Jetzt sprach man von verfehlte Bildungspolitik, das öffentliche Interesse erlahmte. Wie es mit Reformen in Deutschlan so ist: Es wird gequasselt, aber nicht gehandelt. Wenn es langweilig wird, wendet man sic ab und schwätzt von was anderem.

Die Bildungspolitik kam aus der Mode und wurde zum Stiefkind, obwohl doch angeblich die deutsche Zukunft von ihr abhing. Aber nun habe Schule und Hochschule wieder Konjunktur. Lange genug haben sie uns nicht gelangweilt un bieten einen gewissen Neuigkeitswert. Deshalb finden Bundespräsident und Bildungskongre eine begrenzte Aufmerksamkeit. Die Medien reagierten zurückhaltend. Die Bildungsutopie von gestern – man könne durch neue, bessere Menschen eine bessere Gesellschaf schaffen – haben sich als pädagogischer Allmachtswahn erwiesen. Aber was ist heut sinnvoll und machbar?

Utopien sollen auf das Mögliche zurechtgestutzt werden. Das geht nicht mit grüne Wirrköpfen und Unbelehrbaren, die in der "Gewerkschaft Erziehung un Wissenschaft" vor sich hinmiefen. Die Eltern mögen wachsam sein. Die Schule sol für die Anforderungen der Gegenwart und Zukunft fit machen. Das geht nicht, wie die Bildungsstürmer früherer Jahre wollten, durch eine radikale Erneuerung, sondern nur mi ei- nem entschiedenen "Sowohl-Als-auch": Traditionen und Fachausbildung. Die Antwort auf die existentiellen Grundfragen "Woher komme ich?", "Wo steh ich?", "Wohin gehe ich?" erfordert Geschichts- und Fortschrittsbewußtsein Klingt das zu allgemein? Gewiß. Aber war der Bildungskongreß nicht auch ziemlic verwaschen?

Einige Beispiele für notwendige Verbesserungen: Intensive Pflege der Muttersprache durch Übung eines guten deutschen Stils und Bekämpfung de anglisierten Pidgin-Deutsch. Mehr Verständnis für moderne elektronische Medien nicht nu in technischer, sondern auch in sozialer Hinsicht. Schließlich sollten die Universitäte endlich von der (zwangs-)verfaßten Studentenschaft befreit werden. Einen Vorteil von ih haben nur linke Funktionäre, die sich angenehme Pfründe zuschanzen.

Die Lösung liegt nicht in einem Patentrezept, sondern in tausend kleinen Schritten Alles ändert sich rasend schnell, und die Anpassung an die Erfordernisse der Zeit is überlebenswichtig. So mitreißend welterlösende Visionen sein mögen – die kleine Schritte der Anpassung sind wichtiger, mühsamer, aber auch erfolgversprechender. Wen sich diese Einsicht durchsetzt, hat die neue Bildungsdiskussion Sinn. Und vor allem, ih Bildungspolitiker: Quasselt nicht, handelt!
 
     
     
 
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