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Das Geheimnis des Papyrus

 
     
 
Jahrzehntelang lagen sie unbeachtet in einer Vitrine der Bibliothek des Magdalen College in Oxford. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte ein englischer Geistlicher in Ägypten diese drei winzigen Papyrus-Fragmente erstanden und sie seinem ehemaligen College geschenkt, doch das wußte nicht so recht, um was es sich dabei handelte, und verwahrte sie erst einmal. Erst 1953 wurden diese alten, unscheinbaren Fetzen näher begutachtet und als Matthäus-Papyrus betitelt, welches ungefähr im 2. Jahrhundert nach Christus seinen Ursprung haben sollte. Wieder vergingen Jahrzehnte, bis der Deutsche Carsten Peter Thiede, der sich 1994 auf Verwandtenbesuch in England aufhielt, zum Zeitvertreib mal einen Blick auf die alten Schnipsel warf. Der Inhalt des Textes ließ ihn stutzen. Ein deutlicher Hinweis im Text belegte, daß dieser vor dem 2. Jahrhundert, genauer vor der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr., entstanden sein mußte.

Was für den Laien erst einmal eine ziemlich unspektakuläre Feststellung zu sein scheint, war für die Fachwelt eine sensationell
e Entdeckung. "Einen Schritt näher zu Jesus?" lautete sogar die Schlagzeile in der Times. Und genau das wäre die Folge, wenn die Datierung des deutschen Professors stimmen würde, denn dann könnte der Text von einem Zeitzeugen Jesu verfaßt worden sein, einem Menschen, der Jesus möglicherweise sogar persönlich gekannt hatte. Der Aufschrei in der Fachwelt war dementsprechend laut, und selbst der Nachhall dieser Entdeckung scheint so groß zu sein, daß der Bastei Lübbe Verlag das Buch "Der Jesus-Papyrus - Eine Entdeckung aus der Zeit der Augenzeugen", welches Carsten Peter Thiede anläßlich des Vorfalls veröffentlichte, nochmals auflegt.

Es ist auch tatsächlich eine ansprechende Arbeit, die der von einigen stark kritisierte Deutsche da vorgelegt hat. Leicht verständlich erklärt er, warum seine Behauptung die Fachwelt und vor allem einige Kirchenvertreter in Aufruhr brachte, welche weiteren stichhaltigen Hinweise es für seine Datierung gibt und wie überhaupt Papyrusforschung funktioniert. Obwohl er viele theoretische Aspekte erwähnt, ist seine Arbeit nicht nur rein wissenschaftlich abgefaßt, da er auch unterhaltsame Kapitel mit einfügt, wie zum Beispiel eine Kurzbiographie des Geistlichen, der die kleinen Papyrus-Fetzen der Forschung übergab. Fritz Hegelmann

Carsten Peter Thiede: "Der Jesus-Papyrus - Eine Entdeckung aus der Zeit der Augenzeugen", Bastei Lübbe 2003, 317 Seiten, 8,90 Euro
 
     
     
 
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