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Ein Affe, welchen man nicht fangen konnte, hat auch ziemlich mit Springen ergötzt, bis er endlich samt dem Schiff zu Asche und dem Meer zu Teil wurde." Dieser schaurige Epilog besiegelte das gewaltsame Ende der kurbrandenburgischen Fregatte "Friedrich Wilhelm zu Pferde" (kurz "Friedrich Wilhelm"). In der Nacht vom 30. zum 31. Oktober 1693 versank das Schiff nahe der Straße von Gibraltar in den Wogen des Atlantiks.
Das brandenburgische Segelschiff, 1681 erbaut, fuhr in jener finsteren Meereskarawane, die versklavte Afrikaner in die amerikanischen Kolonien europäischer Länder transportierte. Menschliche "Ware", oft für eine Handvoll Muscheln erworben, nutzten Kaufleute, um dem brandenburgischen Kolonial- und Handelsreich, das der Große Kurfürst ins Leben gerufen hatte, ökonomische Kraft einzuhauchen.
Anfang 1682 hatten Friedrich Wilhelm und Benjamin Raule die Brandenburgisch-afrikanische Kompagnie gegründet. Gesandte des Kurfürsten errichteten an der Goldküste in Guinea (heute Ghana) die Festung Großfriedrichsburg, Brandenburgs wichtigsten Kolonialstützpunkt. Weiter nördlich erwarb man 1686 die Insel Arguin (heute Mauretanien).
Auf der dänischen Karibikinsel St. Thomas, unweit Puerto Rico, pachtete Brandenburg eine Handelsniederlassung, die als Drehscheibe des Sklavenhandels fungierte. Hierher transportierten brandenburgische Schiffe Sklaven aus Afrika. Benjamin Raule schrieb im Oktober 1685 dem Kurfürsten, es sei jedem bekannt, "daß der Sklavenhandel die Quelle des Reichtums ist".
Vor diesem Hintergrund fand 1692/93 die letzte Fahrt der "Friedrich Wilhelm" statt. Am 25. Juli 1692 verließ die Fregatte mit 140 Mann und 34 Kanonen den Emdener Hafen. Der Auftrag lautete, Sklaven von Westafrika nach St. Thomas zu bringen und dann nach Emden zurückzukehren. Am 18. Dezember ließ "Friedrich Wilhelm" vor Großfriedrichsburg den Anker fallen. Nun wurde die Fregatte darauf vorbereitet, Sklaven zu transportieren. Das Schiff erhielt "Kessel", die dazu dienten, 700 bis 800 "Mohren" zu beköstigen. Kaufleute, sprich Sklavenhändler, kamen an Bord. "Friedrich Wilhelm" verließ Mitte Februar 1693 die Ankerbucht von Großfriedrichsburg. Im nahen Küstenbereich kauften die Brandenburger Sklaven. Hier "handelten wir viele Mohren: Männer, Weiber, Jungen und Mädgen". Frauen kosteten pro Kopf 20 bis 22 Taler, Männer 24 bis 25 Taler, Jungen zwölf bis 14 Taler, Mädchen neun bis zehn Taler.
Den bei weitem größten Teil der Sklaven erwarben sie in Whydah. Der "Ober-Kaufmann" der "Friedrich Wilhelm" und der einheimische "Mohren-König" verhandelten über das Sklavengeschäft. Der König besaß, so der Schiffsarzt Johann Peter Oettinger, "700 Weiber" und regierte autokratisch. Seine "Offiziere" hatten den Boden zu küssen, wenn sie zu ihm kamen. Er bewohnte einen Erdpalast, in dem es laut Oettinger vor Ungeziefer wimmelte. Drei "Mohren" und einen Affen sandte der König vorab als "Geschenk" zur "Friedrich Wilhelm". Hunderte Afrikaner, die der König in großen Baracken gefangenhielt, gedachte er zu verkaufen. Die Sklavenhändler der "Friedrich Wilhelm" zahlten für sie Pulver, Seide, Branntwein, Muscheln und Eisen.
Am 5. April hieß es "Anker auf". Am 9. Juli 1693 erreichte "Friedrich Wilhelm" die Reede von St. Thomas in der Karibik. 56 Afrikaner hatten den Transport nicht überlebt. Neben einer dänischen Festung wohnte der brandenburgische Generaldirektor von Bellen, der den Sklavenhandel organisierte. Bellen erzählte, daß französische Kaperschiffe der "Friedrich Wilhelm" vor St. Thomas aufgelauert hätten. Dennoch kauften gerade Franzosen die Sklaven der Brandenburger. Sie zahlten mit Kakao und Zucker, die sie zuvor Spaniern und Engländern geraubt hatten. Nur innerhalb des Hafens verkehrten die Europäer friedlich miteinander.
Die Heimfahrt der "Friedrich Wilhelm" begann am 29. August 1693. Kaum hatte das Schiff die offene See erreicht, verkündete der Vizedirektor der brandenburgischen Kompagnie, Karbel, daß zunächst nicht Emden, sondern Cadiz angesteuert werde. In Spanien sei es möglich, den Kakao teuer zu verkaufen und gleichzeitig billigen Wein zu erstehen. Alle Proteste der Besatzung vermochten diesen Entschluß nicht zu ändern. Aber die Gier der Kaufleute stürzte das Schiff ins Verderben. Nach langen Wochen der Flaute zerwühlten stürmische Gegenwinde den Atlantik. Die "Friedrich Wilhelm" hatte ein Leck, Matrosen pumpten Wasser, die Ernährungslage gestaltete sich immer kritischer. Ende Oktober erreichten sie endlich die nordwestafrikanische Küste und standen etwa 60 Meilen vor Cadiz. Da fuhr ein kleines Schiff vorüber. Auf der "Friedrich Wilhelm" verstand man nicht, was man ihnen zurief. Vermutlich hatten die fremden Seeleute vor feindlichen Kriegsschiffen warnen wollen.
Stunden später verfolgten drei französische Fregatten die "Friedrich Wilhelm". Kapitän Laissie "wollte sich bis auf den letzten Mann wehren" und ließ das Schiff gefechtsklar machen. Die "Friedrich Wilhelm" eröffnete das Feuer, welches die Franzosen erwiderten. Laissie traf eine Kugel so schwer, "daß er gleich tot umsank". Nun strich der Rest der Besatzung die Flagge, aber erst, "nachdem lange um Gnade gerufen wurde", beendeten die Franzosen das Gefecht und kamen an Bord.
Die Mannschaft der "Friedrich Wilhelm" mußte sich völlig entkleiden und wurde total geplündert. Nur Oettinger, der Geld unter einem "Pflaster" versteckte, entging diesem Schicksal dank der Intervention des französischen Kapitäns. Dann bestieg die Besatzung die Schiffe der Gegner. Die Franzosen verbrannten die "Friedrich Wilhelm", damit sie nicht Briten oder Holländern in die Hände fiel. In Brest setzte man die Unglücklichen an Land.
Der Verlust des Schiffes verschlimmerte die Misere der kurfürstlichen Kompagnie. Der nüchtern-pietistische Friedrich Wilhelm I. verkaufte Brandenburgs Kolonien für wenig Geld an die Niederlande. Damit hatte diese Episode der kurbrandenburgische Geschichte sein Ende gefunden.
"Friedrich Wilhelm": In der Nacht vom 30. zum 31. Oktober 1693 versank das Schiff nahe der Straße von Gibraltar in den Wogen des Atlantiks. /font>
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