|
Der eher griesgrämig belächelte Stammtischspruch von der tiefroten PDS, die Röte im Gesicht deshalb nicht mehr erkennbar mache, hat sich in gewissem Sinne auch beim jüngsten Parteitag der SED-Nachfolgeorganisation in Berlin bewahrheitet. Nichts zu erkennen war zumindest von Schamesröte über personelle Skandale innerhalb der Partei in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Genossen und Genossinnen weiter erhobenen Hauptes in der Regierungsmitverantwortung sitzen. Nichts zu erkennen war von Scham vor allem über die Schweriner Fraktionsvorsitzende Caterina Muth, die nach einem dreisten Ladendiebstahl, wie es hieß, schließlich unter Tränen ihren Hut nahm. Ein "Blackout" sei das gewesen, meinte die rote Politikerin am Ende. Nein, solche und andere ähnlich gelagerte Marginalien störten die Parteitagsdelegierten wenig, wichtiger war ihnen die Wahrung und Darstellung innerer Geschlossenheit sowie die Fortführung jenes für die PDS so bezeichnenden Spagates zwischen alter DDR-Genossenschaft und taktierender und als demokratisch bezeichneter extrem linker Politik.
Klar und deutlich machte denn auch das PDS-Familientreffen in Berlin, wem die Weiterführung dieses permanenten Spagatkunststückes zugetraut wird. Der bisherige Parteivorsitzende Lothar Bisky, ein Kulturwissenschaftler, wurde mit immerhin 89,2 Prozent in seinem Amt bestätigt.
Bisky hob anschließend hervor, das Erscheinungsbild seiner Partei dürfe nicht länger durch innere Querelen geprägt sein und verlange Geschlossenheit, und meinte damit die Fortführung eines Reformkurses innerhalb seiner Truppe. Dieser Kurs soll nun in einer zweijährigen Programmdiskussion gefestigt werden. Auf einen Nenner gebracht, heißt das: Die PDS will unter Inkaufnahme ihrer peinlichen Relikte sich links von Rotgrün profitieren, um dann gar Koalitions- und Duldungsfaktor in diversen anderen Bundesländern zu werden. Eine erste Nagelprobe läge in diesem Sinne nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am 10. Oktober durchaus im Bereich des Möglichen. Andererseits weisen kritische Beobachter des Parteitages nach wie vor auf die selbsthemmende Doppelgesichtigkeit der PDS hin. Dies sei nicht zuletzt auch darin zu erkennen, daß eine von militantem Anti-Kapitalismus geprägte Rede der Sahra Wagenknecht ebenso wie eine Parteitagsansprache des ehemaligen DDR-Oberen Hans Modrow frenetischen Beifall der Delegierten gefunden hätten.
Frau Wagenknecht gehört der extrem orientierten "Kommunistischen Plattform" der PDS an, die jetzt übrigens wieder mit einem Vertreter im Parteivorstand aufwarten kann. Den Platz nimmt der Rechtswissenschaftler Michael Benjamin ein, der Sohn der gefürchteten früheren DDR-Justizministerin Hilde Benjamin. Das sei aber kein Signal für eine mögliche Abkehr der PDS vom Reformkurs, konterte Bisky, ohne dabei auf den Umstand einzugehen, daß die Parteibasis entgegen dem Willen des Vorstandes den unter Stasi-Verdacht stehenden Diether Dehn zu einem der stellvertretenden Bundesvorsitzenden machte. Fazit des Parteitages: Angesichts solcher Machtverhältnisse wird der PDS-Spagat noch viel Mühe kosten.
|
|