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Sobald - manchmal schon Ende Januar - die helle Wintersonne lockt und der Schnee zu tauen beginnt, durchbricht die bereits voll entwickelte Blütenknospe des Winterlings wie eine Pfeilspitze die Erdkrume und "schießt" dem Licht entgegen, entfaltet sich alsbald und zieht als gelber Winterstern auch die Blicke der sich nach Frühling sehnenden Menschen magisch an.
Dauert das Tauwetter einige Tage, wird der zarte Blütenstengel fünf bis zehn Zentimeter lang. Bei Kälteeinbruch und Unwetter duckt sich der Winterling vor der Unbill des Klimas. Seine Heimat ist ja Südeuropa, doch er hat sich auch in nördlicheren Zonen gut behauptet. Seit Gärtner um 1600 Samen und Knollen des wilden Ranunkels Eranthis hyemalis vor allem aus der Türkei importierten und sie mit aus Süditalien stammenden Eranthis cilicica kreuzten, gibt es auch den etwas später blühenden Winterling Eranthis tubergenii mit den größeren, auch sonnengelb leuchtenden Blütensternen. Als Bastard entwickelte diese Art jedoch keine Samen, die Vermehrung muß ausschließlich durch Teilung der Knollen erfolgen.
Irgendwann sind wahrscheinlich einige Balgfrüchte des Winterlings dem gärtnerisch betreuten Acker entsprungen oder durch Insekten verschleppt worden, so daß wir den strahlenden Lenzkünder auch manchmal unvermutet unter Hecken oder am Wegrand sehen. Die Blüten dieses Hahnenfußgewächses ähneln in Form und Farbe denen des Scharbockskrautes und der Sumpfdotterblume. Sie erheben sich über der grünen Hülle aus Hochblättern. Fünf oder sieben Kelchblätter, deren Leuchtkraft als Ultraviolett von den Bienen erkannt wird, lockt viele Insekten an. Staubgefäße umgeben kranzförmig die schlauchartigen, oft zweilappigen Honigblätter inmitten der Blüte. Honigbienen verweilen verhältnismäßig lange im Blütenstern des Winterlings, ein Zeichen dafür, daß sich die Ernte lohnt. Jede Blüte gibt 1,46 Milligramm Nektar, der 28,8 Prozent Zucker enthält. Dennoch ist die Pollenernte reicher und auch wichtig für das wachsende Bienenvolk. Jedem Imker und Bienenfreund gilt der Winterling darum als ausgezeichnete Trachtpflanze des Vorfrühlings.
Das Blattgrün erscheint erst nach der Blüte. Dann beeilt sich der Winterling auch schon, seine reifen Samen zu verstreuen. Sie keimen, überwintern, werden aber in ihrem dritten Jahr erst blühen. Wenn der Frühling bei uns Einzug hält, macht sich der Winterling wieder unsichtbar, er wirkt unter der Erdkrume.
Die flache Knolle bildet Tochterknöllchen. Mit der Zeit kann sich also im Garten unter Bäumen und Büschen, auch an Stellen, die man sonst wenig nutzt und beachtet, eine kleine Kolonie der Winterlinge ansiedeln. Sehr hübsch wirken diese gelben Winterblüten auch im Steingarten neben Schneeglöckchen und Blausternen. In Dänemark und Holland werden die Winterlinge in großen Mengen für den Handel gezüchtet. Pflanzt man ihre Knollen im September etwa sechs Zentimeter tief in die Erde, kann man sich in Vorfreude auf den Frühling schon im Winter von ihrem Blühen überraschen lassen. Anne Bahrs |
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