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Im Korridor roch es irgendwie merkwürdig. Ich schnupperte. Natürlich unauffällig, denn meine Heidi hatte Geburtstag, und am ausgezogenen Eßtisch saßen ihre Freundinnen. Jedesmal, wenn Heidi ein Jahr zulegte, hatte ich Tischdienst. Das machte mir nichts aus. Es war ja bloß einmal im Jahr. Ich räumte also die leer gegessenen Teller ab und servierte das Dessert.
Heidis Freundinnen strahlten mich an. "Guten Appetit", wünschte ich. Dann schnappte ich mir die Flasche und goß Sekt nach. Als ich mit der leeren Flasche durch die Diele flitzte, stoppte ich und schnupperte wieder. Auf der Garderobe stand eine geöffnete Handtasche. Ich hob die Nase. Meine Geruchsnerven waren äußerst sensibel, und ich hätte schwören können, aus dieser Handtasche strömte jener arteigene Geruch, der mir so zusetzte.
Ich lauschte. Heidis Geburtstagsgesellschaft quietschte vor Vergnügen. Ob ich mal nachsah, was in der Tasche war? Kurzentschlossen vergrößerte ich den Spalt und spähte hinein. Ein jämmerliches Klagegeräusch ließ mich plötzlich zusammenfahren. Mäxchen, unser Kater, saß vor der Küchentür und maunzte leise. Meine Unruhe verdoppelte sich. Ob Mäxchen, dieses Katerferkel, etwa ...?
Möglich wäre es schon. Durch die Hektik der Feier hatte keiner an sein Futter gedacht, und er hatte sich auf Katerart revanchiert. Wie sollte ich die Situation retten? Mein Blick fiel auf den Spiegel. Ein ratloses, blasses Gesicht starrte mich hilfesuchend an. "Könnte ich bitte mal meine Tasche haben?" Das war Beate, ich hatte sie nicht bemerkt. "Ich habe sie aufgehoben", versicherte ich eilig, "sie lag mitten im Weg."
Beate lächelte, als sie hineingriff und ein kleines Päckchen entnahm. Mäxchen war urplötzlich verschwunden. Das schlechte Gewissen hatte ihn todsicher unter die Sitzecke in der Küche getrieben. Bea- te schnupperte. Ihre Stirn umwölkte sich, als sie in die Tasche blickte.
"Was ist das?" fragte sie und betrachtete verdutzt ihr Mitbringsel.
"Ich schätze, dein Geschenk für Heidi, oder?" Beate nickte. "Als ich es gekauft habe, roch es noch anders."
"Heidi mag Düfte, die nicht alltäglich sind", behauptete ich.
Beate ging ins Wohnzimmer, in der Hand das Parfüm. Als sie fort war, roch es im Flur wie immer.
Ich eilte in die Küche, zog Mäxchen unter der Sitzecke hervor und schubste ihn durch die Hintertür ins Freie. Besser, wenn er eine Weile nicht im Hause war. Keinen Augenblick zu früh!
"Horst!" jauchzte Heidi. "Komm doch bitte mal, ja?" Kleinlaut tappte ich ins Zimmer. "Ja, was ist?" Heidi streckte mir freudestrahlend ihren Arm entgegen. Den geöffneten Flakon hatte sie in der anderen Hand. "Horst, riech doch mal, das Geschenk von Beate. Ich finde, der Duft ist einmalig. Richtig umwerfend."
Ich atmete auf. Als ich den Blick hob, um an Heidis Unterarm zu schnüffeln, sah ich kurz aus dem Fenster in den Garten. Mäxchen sauste gerade auf einen Baum. "Und? Was sagst du dazu?" Heidi lachte fröhlich.
Ich mimte den Fachmann, krauste gewichtig die Stirn und wog den Kopf. "Echt Klasse. Zeig mal das Fläschchen. Oh, das ist ja niedlich. Wie heißt das Zeug eigentlich?"
Heidi starrte mich entgeistert an. "Na, ,Cats , wie das Musical. Ach Horst, du bist schon ein Kulturbanause." |
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