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Bodenreform

 
     
 
Der Wähler ist verwirrt: Was will die CDU/CSU nun wirklich in der Frage der widerrechtlichen Aufrechterhaltung von SBZ-Enteignungen? Den Opfern nun endlich Gerechtigkeit widerfahren lassen oder mit der "Staatshehlerei", wie Kritiker es nennen, fortfahren – dem Verkauf des 1945 bis 1949 gestohlenen Eigentums zugunsten von Waigels Staatssäckel?

Glaubt man Niedersachsens CDU-Spitzenkandidat
Christian Wulff, so begibt sich die Union vielleicht doch noch auf die Seite der Geschädigten. Wulff ist zugute zu halten, daß ihm seine Einsichten nicht erst jetzt, so kurz vor dem für ihn entscheidenden Urnengang am 1. März einfielen. Der Schröder-Herausforderer hebt sich seit geraumer Zeit deutlich und wohltuend von seiner Parteispitze in Bonn ab, und zwar öffentlich.

Allerdings wiederum ganz Parteimann richtet er das Feuer lediglich auf die oppositionelle SPD. Die habe eine zumindest weniger ungerechte Lösung als die bisherige im Bundesrat blockiert. Und es besteht kein Zweifel, daß die Sozialdemokraten im Verein mit Grünen und PDS die unappetitlichste Rolle in dem Stück spielen. In jenem Lager werden sogar die alten, blutroten Hetzparolen gegen die "Junker" noch aufgewärmt. Mehr als peinlich.

Doch ausgegangen ist der Skandal nun einmal von der Bonner Regierungsbank, von Kanzler Kohl höchstselbst. Dieser behauptete wider besseres Wissen vor dem Bundestag im April 1991: "Der Fortbestand der Maßnahmen zwischen 1945 und 1949 wurde von der Sowjetunion zu einer Bedingung für die Wiedervereinigung gemacht." Das war schlicht die Unwahrheit, wie der damalige sowjetische Präsident Gorbatschow später (am 5. Juli 1994 gegenüber dem britischen Historiker Norman Stone) selbst richtigstellte. Auch andere damals zentral Verantwortliche (US-Präsdident Bush oder die Außenminister Genscher und Schwewardnadse) ließen dies deutlich durchblicken. Alles, was Moskau tatsächlich verlangte, war eine "Indemnitätserklärung" seitens der Deutschen. Das bedeutet nicht mehr, als daß die UdSSR (samt Rechtsnachfolger) nicht nachträglich für irgendwelche Taten während ihrer Zeit in Mitteldeutschland haftbar gemacht werden kann. Im konkreten Fall hieße dies, daß niemand Moskau deutscherseits wegen irgendwelcher Verbrechen der Besatzungszeit vor den Kadi ziehen könnte. Alles andere – wie die Behandlung der damals enteigneten Güter im heutigen Deutschland – wurde und wird von russischer Seite ausdrücklich als "innere Angelegenheit" der souveränen Bundesrepublik betrachtet.

Finanzminster Waigel könnte zumindest den weiteren Verkauf der noch in Staatsbesitz befindlichen Immobilien stoppen. Doch er tut es nicht. Warum nicht? Weil er das Geld aus den Erlösen haben will, Geld, das ihm aber nicht zusteht, das aus einem totalitären Raubzug stammt. Damals verließen die meisten Enteigneten die Sowjetzone gen Westen, oder mußten fliehen. Dies und jahrzehntelange SED-Propaganda haben dafür gesorgt, daß viele Menschen in der Ex-DDR den Enteignungsopfern ziemlich ablehnend gegenüberstehen. Daß ist wichtig für die Wahlchancen der Union im Bund und erst recht in Mitteldeutschland. In Niedersachsen wiederum leben nicht wenige der Enteignungsopfer. Und auch in der CDU-geneigten "Normalbevölkerung" ist dort die Enteignungspraxis der Sowjets/SED äußerst unpopulär.

Sind wir also bloß Zeugen eines geschickt eingefädelten Spiels mit verteilten Rollen, um möglichst auch widersprüchliche Wählergruppen an sich zu ziehen und gleichzeitig die Staatskasse zu füllen?

Mag sein, daß man mit diesem Verdacht Christian Wulff unrecht tut. Indes, er hat es selbst in der Hand, solchen Unterstellungen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wie? Ganz einfach, indem er die zentrale Verantwortung der Regierung Kohl/Waigel beim Namen nennt und den Kanzler und CDU-Chef Kohl öffentlich auffordert, seine o. g. unwahre Behauptung von 1991 ohne Umschweife zurückzunehmen und endlich die Wahrheit zu sagen. Gleiches gilt für die übrigen Unionspolitiker, die ihm seinerzeit auf dem Abweg zu Unwahrheit und Vernebelung gefolgt sind.

Kommt der Kanzler dieser Aufforderung ohne erneute Winkelzüge nach – erst dann kann auch Wulff den Schwarzen Peter an SPD und Co. weiterreichen. Solange die CDU mit doppelter Zunge spricht, in Hannover das eine fordert, in Bonn und Mitteldeutschland aber das genaue Gegenteil tut, scheint Mißtrauen angebracht.

Sie fürchten die Wahrheit: Bei der geforderten Verschiebung des Euro flögen alle Tricks auf

Drei Nachrichten auf einmal, die wie Hammerschläge auf die Euro-fanatischen Bonner Parteien wirken mußten, gingen vergangenen Montag am Rhein nieder:

Das Bundesverfassungsgericht nahm die Klage von vier Wirtschaftswissenschaftlern gegen die Abschaffung der Mark überraschend zügig an. Dies ist zwar noch lange kein Sieg für die renommierten Skeptiker. Doch scheint es so, als nähmen die Karlsruher Richter die Sache außerordentlich ernst.

Just in diesem Moment erscheint ein offener Brief von gleich 155 Wirtschaftsprofessoren, die nachdrücklich auf eine Verschiebung der Euro-Währungsunion drängen. Begründung: Die notwendige Stabilität sei nicht erreicht worden, die Schuldenquote etwa habe sich in den wahrscheinlichen Beitrittsländern seit 1991 sogar um 15 Prozent erhöht. Der Wettbewerb werde sich überdies im Euro-Raum verstärken (bei nur noch einer Währung). Der Strukturwandel aber, der notwendig wäre, um hier zu bestehen, sei noch nicht einmal richtig in Angriff genommen worden.

Die Ökonomen fürchten daher, daß die Euro-Länder Beschäftigungsförderung auf Kosten der Währungsstabilität machen könnten. Dies ist die beliebte, aber letztlich stets gescheiterte Methode sogenannter Weichwährungsländer. An den "Stabilitätspakt" möchten die 155 Wissenschaftler nicht glauben. Sanktionen gegen Sünder seien nicht zu erwarten, da diese selbst darüber abzustimmen hätten.

Der dritte Hammerschlag kam schließlich am selben Tage aus Italien: Geradewegs, als wollte er den deutschen Experten bestätigen, wie recht sie haben mit ihrem Mißtrauen gegenüber der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB), fordere Roms Außenminister Lamberto Dini, den EZB-Chefsessel mit einem Politiker zu besetzen. Außerdem solle dessen Amtszeit (zur besseren politischen Kontrolle) verkürzt werden. Und überhaupt sei, so Dini, die Währung natürlich ein Instrument der Politik. Und Italien werde einen "prestiegeträchtigen Posten" im Kontrollgremium der EZB einnehmen. Jeder weiß, was das heißt: Ein solcher "Dini-Euro" wird so "hart" sein wie die italienische Lira.

Das alles ficht die Bonner Euro-Fraktion aus CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen wie immer nicht an. Von hier die üblichen Parolen: Der Euro "kommt so sicher wie das Amen in der Kirche" (Kinkel), werde "wie vorgesehen kommen" (Kohl) und stabilisiere Arbeitsplätze (Scharping). Punkt.

Dabei wissen diese Routiniers wie alle in Bonn, daß die Voraussetzung für eine gemeinsame europäische Währung nicht besser, sondern zur Zeit eher schlechter werden. Die beiden Kernstaaten Deutschland und Frankreich nähern sich wirtschaftspolitisch keineswegs an, sie entfernen sich stattdessen rapide von einander. Paris setzt gerade auf die Arbeitsbeschaffungs-Programme der 70er Jahre, während in Deutschland zumindest die Ahnung zu wachsen scheint, daß dieser Nostalgietrip ins Desaster führen muß.

Wo aber nicht einmal eine ähnliche Wirtschaftsphilosophie vorhanden ist, wie soll da eine gemeinsame Währung gedeihen? Ganz zu schweigen von einer Harmonisierung der Steuersysteme oder – noch weiter entfernt – einer politischen Union. Eine Währungsunion ohne das alles mutet an wie die Goldkrone auf einem faulen Zahn.

Die Euro-Euphoriker indes haben gute Gründe, beim Gedanken an die geboten erscheinende Verschiebung des Mammutprojekts ins Schwitzen zu kommen. Sie wissen sehr wohl, daß die angebliche Einhaltung der (meisten) Stabilitätskriterien im Stichjahr 1997 nur mit einer endlosen Reihe fauler Tricks zu erreichen war. Überall wurde "umgeschichtet, umbewertet" oder einfach etwas verkauft, um den Etat für ein Jahr glänzen zu lassen. Italien gar häufte jahrelang vertragswidrig EU-Fördergelder an, um sie dann auf einmal ins Budget zu pumpen. Echte Stabilität aber ist unerläßlich, muß sich ein "Euro" jenes Vertrauen doch erst erwerben, das die Mark in Jahrzehnten mühsam aufgebaut hat. Indes, keiner maulte, es galt schließlich, die D-Mark zu knacken.

Doch Kohl und Co. machen sich nichts vor: Dieses gigantische Kartenhaus Poternkinscher Dörfer hält nur kurze Zeit. Wird jetzt verschoben, müßten die Länder beweisen, daß sie nicht nur scheinbar sondern tatsächlich die Kriterien erfüllen. Die schäbige Wahrheit käme unweigerlich ans Licht, was mit allen Mitteln verhindert werden soll.

Womöglich schafft ja nicht mal Deutschland die Voraussetzungen, sollen doch die Arbeitslosenzahlen tatsächlich schon über fünf Millionen liegen, nachdem bei den 4,82 Millionen die über 58jährigen nicht mitgezählt worden waren. Und das bedeutet eine weitere Belastung der Haushalte, mit möglicherweise weiter steigender Verschuldung.

 
     
     
 
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