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Wir alle waren 1989 für den möglichst schnellen Abriß des Monstrums Berliner Mauer. Überall sollte sie verschwinden, nichts mehr an sie erinnern. Nach 28jährigem Eingesperrtsein (oder Ausgesperrtsein) war die vollständige Entfernung ein Akt der Befreiung. Bloß weg damit.
Es hat einige Zeit gedauert, bis sich diese Stimmung gedreht hat. Inzwischen wird die vorschnelle Abschaffung aller Mauerabschnitte von vielen bereut. Die Erinnerung verblaßt einfach zu schnell. Wer heute am Potsdamer Platz steht, der muß einen Bildband bemühen, um ihren Verlauf zu erahnen. Dabei ist es gerade mal 17 Jahre her. Wäre es nicht besser gewesen, mehr davon übrig zu lassen, um sie Nachkommen zeigen zu können, um an Stacheldraht und Schießbefehl zu erinnern?
Nach der Räumung der Mauergedenkstätte am Checkpoint Charlie vor einem Jahr war klar: Ein neues Mauergedenk-Konzept muß her. Es gibt ja bereits die offizielle Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße - zwischen den Bezirken Wedding (West) und Prenzlauer Berg (Ost).
Aber dieses Museum ist nicht sehr bekannt und vom Umfang her eher mickrig. Außerdem liegt es abseits der neuralgischen Punkte im Zentrum der Stadt. Kein Vergleich mit dem Holocaustmahnmal, das zentraler nicht liegen könnte. Deswegen bleibt vorerst das (private) Museum am Checkpoint Charlie das zentrale Mauermuseum Berlins.
Das könnte sich jedoch ändern. Nun plant der Senat, die Mauergedenkstätte Bernauer Straße als Kern einer viel größeren Mauergedenkstätte zu nutzen. Das gesamte Areal vom Mauerpark bis zum Nordbahnhof soll zu einer "zentralen Erinnerungslandschaft" ausgebaut werden.
Das Land Berlin lädt die Bürger der Stadt (und andere Interessierte) dazu ein, sich an der Debatte um das richtige Mauergedenken zu beteiligen. Das Internet macht es möglich: www.berlin.de/mauerdialog/
Am kommenden Sonntag stehen überdies Experten vor Ort bereit, um Auskunft zu geben. Neugierige und Zeitzeugen können von 11 bis 16 Uhr das Areal - noch immer überwiegend Brachland - in Augenschein nehmen. Die sogenannten Mauerstreifzüge starten am Nordbahnhof. Dem Projekt ist zu wünschen, daß sich möglichst viele Deutsche beteiligen. Der zuständige Kultursenator Thomas Flierl (Linke / PDS) verhätschelt sonst eher Stasi-Offiziere als "Zeitzeugen" und kämpfte bereits verbissen gegen den Abriß des Palastes der Republik. Schon deswegen sollte sich niemand diese Chance entgehen lassen, sich hier einzumischen. |
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