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Erschütternde Bilder des Todes

 
     
 
Als im vergangenen Jahr das Buch von Jörg Friedrich über den britisch-amerikanischen Luftkrieg gegen die deutsche Zivilbevölkerung unter dem Titel "Der Brand" erschien, löste es außerordentliches Aufsehen aus. Was bisher nur die schmale Schicht jener erreicht hatte, die sich ernsthaft mit der Geschichte des Zweiten Weltkrieg
es beschäftigten, wurde nun einer breiten, bisher überwiegend von der politischen Korrektheit geprägten Öffentlichkeit mitgeteilt: Auch die Deutschen waren das Opfer gräßlicher Kriegsverbrechen. Und so erfuhr man dann von den Hunderttausenden Verbannter, Erschlagener und Erstickter. Daß man mit den Bomben den "Blockwart" tötete, das fanden die 68er durchaus in Ordnung; daß aber auch sein Kind gemeuchelt wurde, das machte dann doch nachdenklich. Jörg Friedrich, jahrzehntelang eingefleischter Linker - was man seinen Büchern auch anmerkt -, gab nun ergänzend einen großformatigen Bildband zum Luftkrieg unter dem Titel "Brandstätten - Der Anblick des Bombenkrieges" mit Fotos, die bisher zum größten Teil noch nie veröffentlicht wurden, heraus. 

Der Eindruck, den die Bilder auf die Betrachter machen, reicht tief. Während Text den Intellekt anspricht, erreichen Bilder tiefere Gefühlsschichten und erzeugen Erschütterung. Da liegen sie dann, reihenweise, junge und alte Frauen, kleine Kinder und Jugendliche, wie der Feuertod oder der Erstickungstod sie getroffen hatte. Und jeder Betrachter mußte sich fragen, ob das denn der Preis für die "Bestrafung" jener war, die auch Frauen und Kinder umgebracht hatten, in diesem Fall jüdische. Nun dokumentieren Fotos die Verwüstungen. Die Städte, deren von jahrhundertelanger Geschichte geprägte Gesichter zerschlagen wurden, die Dome, die Schlösser, die Wohnquartiere. Man sieht die brennenden Häuserzeilen, aber auch die Menschen, und nicht nur die flüchtenden, sondern auch die rettenden und helfenden. Das ist es überhaupt, was vielen Bildern den besonderen Akzent gibt. Friedrich zeigt immer wieder tätige Hilfe der damaligen Deutschen, ob es sich um Jungen des Jungvolks und Hitler-Jugend handelte oder um Polizisten und Feuerwehrleute, Frauen wie Männer, ob um die zivilen Luftschutzwarte mit den Laienhelferinnen oder um die Mädchen des BDM. 

Auch sind es KZ-Häftlinge und kriegsgefangene alliierte Soldaten, die mit anpacken. Dieser eindringliche Bildband ist vor allem als Geschenk an Freunde in Großbritannien und den USA geeignet, denen er sicherlich ganz neue Perspektiven eröffnet. Die Texte lösen wiederum zwiespältige Gefühle aus. Da ist zum einen der dramatisierende, übertreibende, feuilletonistische Ton. Was soll man sagen zu einem Satz wie: "In den Städten hausten überwiegend alte Ehepaare ... sie preßten sich in die Spalten der Schrottgebilde und sahen zu, daß sie selbst keine wurden." Solche unfreiwillig komischen Formulierungen passen nicht zu den Bildern. Peinlich, wenn die Texte anderes sagen als die Bilder, so, wenn Friedrich im Text behauptet, die Aufräumarbeiten hätten Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen oblegen, während die Bilder deutsche Soldaten, Männer des Sicherheits- und Hilfsdienstes und alle möglichen Zivilisten bei Aufräumarbeiten zeigen. 

Als Linker bleibt Friedrich natürlich bei der alten Legende, die Deutschen hätten den gegen die Zivilbevölkerung gezielten Luftkrieg angefangen. Er wiederholt die schon oft widerlegte Behauptung, diese Art der Kriegsführung habe mit den Angriffen auf die polnischen Städte Wilun und Warschau ihren Anfang genommen. Beides waren, und man wird es müde, immer wieder auf die Quellen hinzuweisen (Horst Boog, de Zayas), Städte in der Kampflinie, deren Bombardierungen völkerrechtlich gedeckt waren. Erfreulicherweise bilden die Texte einen zu vernachlässigenden Teil des Bildbandes. Sie können nicht daran hindern, daß die Anschaffung des Buches "Brandstätten" zu empfehlen ist. U. Meixner 

Jörg Friedrich: "Brandstätten - Der Anblick des Bombenkrieges", Propyläen Verlag, Berlin 2003, geb., 344 Fotos, 240 Seiten,25,00 Euro
 
     
     
 
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