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Fall Reichert: Zur Schlachtbank geführt

 
     
 
8000 Mark Strafe soll der frühere baden-württembergische Landtagsabgeordnete der Republikaner, Berhard Amann, zahlen. Der Kriminalkommissar habe, so das Amtsgericht Karlsruhe, dazu beigetragen, einen "Verdeckten Ermittler" (VE) im rechtsextremen Milieu zu enttarnen, so Richterin Horn-Scholz.

Es ging um den Fall "Reichert" (s. , Folge 22), der weit über die Grenzen des Südweststaates hinaus für Aufsehen sorgte. "Reichert", so der Tarnname des VE, hatte, wie sich erwies, wohl weniger die Neonazi-Szene ausgehorcht, als vielmehr eigenhändig
eine solche "Szene" errichtet.

So räumten denn auch sowohl Richterin als auch Staatsanwalt ein, daß "Reichert" offenkundig eine ziemlich zwielichtige Rolle gespielt habe. Amann stellte fest, daß er hier "zur Schlachtbank geführt" werde. "Reichert" habe selbst mit seinem Auftrag, eine Gruppe Jugendlicher zu Neonazis zu erziehen und dann bei den Republikanern einzuschleusen, geprahlt. Er, Amann, habe sich daher verpflichtet gefühlt, den "unglaublichen Anschlag auf das Grundgesetz" durch "Reichert" nicht auf sich beruhen zu lassen. "Reicherts" Enttarnung sei ohnedies zuvor vom "Spiegel" geleistet worden. Die Verteidigung kündigte an, in die Revision zu gehen.

Wie in unserer Zeitung berichtet, hatte "Reichert" gezielt damals 13- bis 16jährige Jugendliche auf den rechtextremen Weg gebracht. Jetzt liegen dem Auszüge einer Rede vor, die jener "Axel Reichert" vor seinen jungen Anhängern gehalten haben soll. Es handelt sich um eine Aneinanderreihung finsterster nazi-ideologischer Versatzstücke.

So stellt der Redner etwa fest: "Wir kämpfen gegen den geballten jüdischen und bolschewistischen Abschaum, der sich in der Öffentlichkeit breitsuhlt." Ausländerfeindliche Übergriffe werden gefeiert und emphatisch geschlossen: "In diesem Kriege gegen das herrschende System muß also einer vernichtet werden, und Kameraden ich sage euch: Wir werden es nicht sein!"

Selbstverständlich fehlt in dem Machwerk, das von Fehlern in Rechtschreibung und Zeichensetzung strotzt, auch nicht ein Zitat des "Führers".

Bezeichnend und besonders infam sind die Appelle an den Kameradschaftsgeist der ahnungslosen Jugendlichen. Die Rede suggeriert, daß jedes Ausscheren aus der Kampfgemeinschaft moralische Schande, Schwäche, Verrat bedeutete. Indes, "wenn wir überzeugte junge Kameraden haben, welche bereit sind, sich zu opfern (!) für diese Bewegung, dann wird uns niemand mehr aufhalten können." Kein Wunder, daß der Karlsruher Amtsrichterin mulmig wurde, als sie den Mann verurteilte, der solche mutmaßlichen Reden eines Polizeiermittlers nicht tatenlos hinnehmen wollte. Daß hier der Falsche auf der Anklagebank sitzt, dürfte nicht nur ihr und dem Staatsanwalt gedämmert haben.

Was wäre wohl geworden, wenn "Reichert" unenttarnt hätte weitermachen können? Die Antwort ist leider simpel: Dann gäbe es im Raum Karlsruhe eine "gefährliche rechtsextreme Gruppierung", über die die bundesdeutsche Presse mit wohligem Gruseln regelmäßig "berichten" würde. Verbandsvertreter und Politiker nähmen die "Reichert-Gruppe" zum Anlaß für Mahn- und Warnappelle, und irgendein Präsident wäre bestimmt schon bald wieder "mit meiner Geduld am Ende".

Wenn dann noch "Reicherts" angeblicher Zielauftrag, die mittels oben zitierter Hetzreden eingebräunten Jugendlichen bei den Republikanern einzuschmuggeln, gelungen wäre, hätte die "empörte Öffentlichkeit" endlich, was sie ersehnt: den "Beweis" für den Nazi-Charakter der Schlierer-Partei.

Nun, "Reichert" ist aufgeflogen, und diese Operation hat ein ziemlich peinliches Ende gefunden. Beobachter fürchten aber, daß "Reichert" nicht allein sein könnte. Die Frage drängt sich auf: Wie viele unserer gefährlichen Neonazis sind eigentlich "echt", oder sitzen da noch mehr, noch viel mehr womöglich, die im Auftrage staatlicher Organe erst inszenieren, was Politiker dann in gespielter Bestürzung aufgreifen und zur Allzweckwaffe umbauen gegen alles, was rechts ist?

 
 
     
     
 
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