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Förderverein will Jerusalem-Hospital retten

 
     
 
Blaue Graffiti-Schmierereien überziehen die Wände eines Vierfamilienhauses nahe Marienburg. Auf dem Weg zur berühmten Ordensburg an der Nogat fällt postsozialistische Tristesse den Touristen an. Schiefe, vermodernde Holzgauben ragen aus einem halb offenen Balkengerüst, das einmal ein Dach war. Von Bäumen dicht umstanden, scheint das Werk von Menschenhand auf seinen Abriß zu warten. Die Fensterhöhlen sind bereits zugemauert, die Fassade sieht alt und schief aus - ungewöhnlich alt für ein ordinäres Abbruchhaus. Zweigeschossig steht es wie verloren zwischen den Zweckwohnbauten des 20. Jahrhunderts.

Was auf den ersten Blick im Begriff scheint, eine Ruine zu werden, ist in Wirklichkeit ein kulturelles Kleinod. Es ist das letzte erhaltene Hospital aus der Zeit, als der Deutsche Orden Ostdeutschland formte - ein lebendiges Zeugnis einstiger Ritterlichkeit und christlicher Nächstenliebe. Eine Initiative um den 79jährigen Westpreußen und gebürtigen Marienburger Edwin Eggert will es retten. Balkengerüste und Stützen sind zu sehen - es tut sich etwas. Eine Wiedererrichtung, vorzugsweise als deutsch-polnische Begegnungsstätte, ist das Ziel des "Fördervereins Jerusalem-Hospital des Deutschen Ordens
in Marienburg e.V.".

Bis 1990 war das unter Denkmalschutz stehende Bauwerk ein Altersheim. Die letzten Bewohner zogen aus - der Verfall zog ein. Dachpfannen wurden gestohlen, Decken und Wände durch Regen und Schnee durchweicht - Einsturzgefahr drohte. Seit Ende Januar ist das steinerne Zeugnis deutscher Geschichte vor dem unmittelbaren Verfall gesichert. Noch ist jedoch höchst ungewiß, ob genug zum Erhalt getan werden kann. Um zehn Zentimeter sind die Außenmauern bereits geneigt. 250.000 Euro müssen insgesamt investiert werden, damit in der neuen Begegnungsstätte deutsche und polnische Komponisten erklingen, gemeinsam Lesungen veranstaltet werden können. Über 4.000 Euro private Spenden hat der Förderverein bisher gesammelt.

In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts kam der Deutsche Orden an die Nogat. Als 1309 der damalige Hochmeister des Ordens, Siegfried von Feuchtwangen, seinen Amtssitz in die ab 1274 erbaute Marienburg verlegte, gewann der Ort an Bedeutung. In diese Ära fällt auch die Errichtung des Jerusalem-Hospitals. Im 17. Jahrhundert - der Orden hatte längst seine Macht verloren - wurde die Stätte für Alte und Kranke weiter ausgebaut und ummauert.

Zu stark ist die Sehenswürdigkeit von einst zum unansehnlichen Gerippe früherer mildtätiger Größe verkommen. Als Fachwerkbau im Kern ist das ordenszeitliche rote Giebelhaus schwieriges konservatorisches Terrain. Sämtliche Balken müssen erneuert werden. Die Auflagen des Denkmalschutzamtes Danzig sind entsprechend hoch, Spenden für den weiteren Erfolg der Restaurierung unerläßlich. Geld und Glück wird das Spital brauchen. Glück immerhin bewahrte den langen Ziegelbau mit seinen mächtigen Stützpfeilern schon oft vor der Zerstörung. Fast einen Kilometer vor der alten Stadtmauer Marienburgs gelegen, stand das Jerusalem-Hospital in kriegerischen Zeiten weder Angreifern noch Verteidigern im Weg und überdauerte so die Jahrhunderte. Selbst den alliierten Bomben bot es sich im Zweiten Weltkrieg nicht als Ziel an. Sie legten die Stadt, aber nicht ihr altes Siechenhaus in Schutt und Asche. 1945 war es auch der Roten Armee nicht im Weg.

Um so tragischer scheint sein heutiges Schicksal zu sein: im letzten Augenblick gesichert, doch noch nicht gerettet. Es wird einige Zeit dauern, bis neuer Glanz in die alten Mauern einzieht. Ein Park, sogar größer als jetzt, soll nach dem Willen der polnischen Stadtväter entstehen. Selbst die Restaurierung des deutschen Soldatenfriedhofs ist vom Bürgermeister zugesichert. Dennoch: Die Stadt Marienburg hat viele Probleme. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 30 Prozent. Daher ist trotz Interesses wenig Geld für den Erhalt von Denkmälern übrig. Die deutsche Bundesregierung signalisiert bisher wenig Begeisterung für das Projekt - nach genauer Prüfung des Vorhabens stellte das Bundesinnenministerium immerhin 25.000 Euro bereit. Sie sind bereits verbaut.

Die Hoffnungen für den Weiterbau liegen nun auf weiteren Spenden und der Europäischen Union. Brüssel hat das Projekt für förderungswürdig erklärt - die Prüfung, welche finanziellen Mittel Europa beisteuern will, ist noch offen - und so auch das Schicksal des Hospitals.

Weitere Informationen sind erhältlich beim Förderverein Jerusalem-Hospital, Dr. Klaus Hemprich, Am Happach 73, 97218 Gerbrunn.

Alt und neu: Das Jerusalem-Hospital des Deutschen Ordens in Marienburg aus dem 14. Jahrhundert um 1920 (links) und in diesem Jahr
 
     
     
 
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