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Nach den vereitelten Bombenanschlägen auf zwei deutsche Bahnhöfe wurde die Diskussion über die Videoüberwachung von gefährdeten Plätzen wieder lauter. Schon heute helfen "Radarfallen" an Landstraßen oder in geschlossenen Ortschaften, Raser und Bleifüße bei Ordnungswidrigkeiten zu ertappen. Selbst Bankräuber haben nicht immer gute Karten, wenn die Videokamera sie erwischt. Bei den hohen Benzin preisen suchen auch immer mehr Tankbetrüger das Weite, ohne zu bezahlen. Die Videokamera soll hier ebenfalls helfen, den Sündern auf die Spur zu kommen.
Ohne eine fachgerechte Beurteilung der Aufnahmen aber ist da "kein Blumentopf zu gewinnen". Friedrich W. Rösing, Professor am Institut für Humangenetik des Universitätsklinikums Ulm, ist mit seinen Kollegen von der Forensischen Anthropologie ein gefragter Fachmann. Der 1944 in Breslau geborene Rösing, der in Mainz, Düsseldorf und Hamburg Biologie, Archäologie, Publizistik sowie Soziologie studierte, hat bisher rund 2900 Gutachten erstattet oder war daran beteiligt. Vor allem geht es um Gutachten zur Identifikation von Skeletten oder von Lebenden auf Bildern, aber auch Vaterschaftsbestimmungen und Zwillingsdiagnosen gehören zum Fachgebiet des Wissenschaftlers.
Selbst in Sammlerkreisen ist Rösing ein gefragter Mann. So konnte er eine bisher unbekannte Darstellung vom Kampf zwischen David und Goliath dem Maler Michelangelo da Caravaggio (1571-1610) zuschreiben. Mit seinem geschulten Auge gelang es Rösing, das Modell des David auch auf Caravaggios Gemälde "Opferung des Isaak" zu entdecken.
Nun ist es nicht so einfach, Ähnlichkeiten dieser Art auszumachen. So hat der Breslauer denn einen Katalog mit etwa 170 Merkmalen erarbeitet, die bei der Identifikation helfen können. Auf Kleinigkeiten kommt es bei dieser Arbeit besonders an. Da muß man darauf achten, ob etwa die Ohrläppchen des Dargestellten angewachsen sind oder nicht. Ist der Nasenflügel gerade oder abgerundet?
Sachverstand und ein geschulter Blick sind die Voraussetzung für eine solche Detektivarbeit, die Sherlock Holmes vor Neid erblassen lassen dürfte. (os) |
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