|
Im Gegensatz zur herrschenden Meinung und der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertritt die Erlanger Zivilrechtlerin Dr. Beate Grün den Standpunkt, daß die Bodenreform-Neubauern mit der Zuteilung von Land aus dem Bodenfonds erhebliches Eigentum erhielten. In ihrem Vortrag vor der ARE-Tagung in Borken warf sie unseren obersten Juristen vor, das DDR-Recht nicht aufgearbeitet und dortige Gerichtsentscheidungen falsch interpretiert zu haben; das Bundesverwaltungsgericht habe sich in zivilrechtlichen Fragen als inkompetent erwiesen. Sie geht davon aus, daß das BGB nach 1945 weiter galt und nur durch Sondervorschriften, wie die Beschränkungen aufgrund der Bodenreform-Verordnungen bzw. -Gesetze der Länder (nicht verkaufen, verpachten oder verpfänden) überlagert wurde. Danach war das Erbrecht nicht tangiert und so stand es auch auf den Urkunden: es war persönlich vererbbares Eigentum. Das Bodenreformgesetz der Regierung Modrow vom 15. März 1990, das diese Beschränkungen des Eigentums aufhob, betraf folglich das Erbrecht nicht, aber die Entziehungsmöglichkeiten entfielen. Bei mehreren Erben mußte in der DDR das Land auf einen übertragen werden, nun blieben Erbengemeinschaften im Recht. Dr. Grün stützt sich auf DDR-Rechtsquellen, die von der Vererbbarkeit ausgehen, auch wenn behördliche Genehmigungen bzw. Bestätigungen erforderlich waren, um das geerbte Land dann auch behalten und nutzen zu können. Konstitutiv für dieses Eigentum war die Zuteilung aus dem Bodenfonds durch Verwaltungsverfügung. Eine Enteignung zugunsten der Bauern war nach damals geltendem deutschen Recht gar nicht möglich, da es ein Kollektiveigentum eines unbestimmten Personenkreises nicht gibt. Das wurde in einem von Jörg Lange entdeckten Gutachten eines Dr. Sieber für die Mecklenburgische Landesregierung vom 11. März 1947 festgestellt und in der Stellungnahme der Hauptabteilung Bodenordnung vom 17. Mai 1947 als richtig anerkannt. Die Bodenreform wurde nach landesrechtlichen Bestimmungen von deutschen Behörden durchgeführt, von sowjetischen Befehlen oder besatzungsrechtlichen Gesetzen war keine Rede. Die Grundstücke wurden gegen eine Bezahlung übergeben, die nach dem Ertrag zu Ablieferungspreisen berechnet wurde; man sollte daher besser von Kauf aus dem staatlichen Bodenfonds sprechen.
Damals blieb der Versuch im ZK der SED stecken, durch ein Bodenreformgesetz die Rechtsmängel zu korrigieren, weil der seit 1949 als Landwirtschaftsminister amtierende SED-Agrarpapst Edwin Hörnle in Ungnade fiel. Die Bauern erhielten den Kaufpreis nicht zurück; das durch Treuhand, Bundesrecht und das Urteil des BGH vom 15. März 1990 neu geschaffene Unrecht bei der Abwicklung der LPGs ist nur durch den Gesetzgeber zu heilen: eine gesetzliche Bereinigung des entstandenen Wirrwarrs ist notwendig.
|
|