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Schon Wochen bevor die Ausstellung überhaupt aufgebaut war, gab es einen Eklat. Allein der Name Arno Breker ließ die Kritiker aufhorchen. Einer ging geradezu auf die Barrikaden: Klaus Staeck, seines Zeichens Präsident der „Berliner Akademie der Künste“ und selbst Künstler, ließ verlauten, daß er eine für 2007 geplante Ausstellung seiner Werke in Schwerin aus Protest gegen die Ausstellung von Werken Brekers absage. „Breker hat sich gegenüber der Kunst und einem humanen Menschenbild schuldig gemacht und sein Verhalten nie bereut“, tönte Staeck lauthals. Wo ist das Problem, Herr Staeck, möchte man fragen. Hat der Graphiker Staeck doch selbst nie ein Blatt vor den Mund genommen und die Kunst als Mittel zum Zweck genutzt, um seine Gegner aufs Korn zu nehmen. „Totale Intoleranz“ warf ihm die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ einst vor. Eine Ausstellung mit Werken von Arno Breker verbieten? Sind wir schon wieder soweit? Warum Breker verdammen, wenn andererseits Künstler wie Willi Sitte, der Kulturpapst der DDR und ehemals Schüler von Göring-Favorit Padua, ausgestellt werden? Arno Breker zu zeigen und sich mit ihm und seinem Werk auseinanderzusetzen, das ist mehr als überfällig. In Schwerin hat man einen ersten Schritt getan.
„Treue zur Natur und Treue zur Tradition sind meine Grundpfeiler“, hat Breker (1900–1991) einmal bekannt. Der in Elberfeld geborene Sohn eines Steinmetzen hat alle Höhen und Tiefen durchleben müssen, die man sich nur denken kann. Bewunderung und krasse Ablehnung sowie herbe Kritik lagen vor allem nach 1945 nah beieinander. Zum einen warf man ihm seine Beziehungen zu den Mächtigen des Dritten Reichs vor, zum anderen die Wahl seiner Motive in der Kunst. Doch Breker ließ sich nicht beirren. „Was ist denn das größte Wunder der Schöpfung? Der Mensch! Der Mensch in seiner vollkommensten und idealsten Form. Es gibt kein größeres Thema, an dem zu messen es sich lohnen würde ... Die Bildnisse nach den Menschen, die ich schaffe, sind nicht idealisiert. Sie verkörpern Ideale und Eigenschaften, die erstrebenswerte Ziele aller Menschen sind: Menschenwürde, Friede, Respekt, Freundschaft, Toleranz und Freiheit“, entgegnete er seinen Kritikern. – Seit jeher ist die Darstellung des Menschen Gegenstand der Kunst. Und so sind die ältesten noch erhalten gebliebenen Kunstwerke aus Vor- und Frühgeschichte Darstellungen des menschlichen Körpers, meist ungelenk zwar noch und doch von faszinierender Schönheit. Griechen und Römer sollten diese Kunst Jahrtausende später zu höchster Vollendung führen. Einen großen Bruch in der Darstellung des Menschenbildes gab es im 20. Jahrhundert – verformt, verfremdet, bis zur Unkenntlichkeit verzerrt blickten Gesichter von der Leinwand, wanden sich Körper, die kaum mehr als menschlich zu erkennen waren. Was einst als schön galt, wurde nun nur noch belächelt und gar verachtungsvoll angesehen als ewiggestrig. Gewiß, diese Welt war nach den beiden großen Kriegen aus den Fugen geraten, und mit ihr die Menschen und die Kunst. Warum aber konnte neben der einen Kunstauffassung nicht auch die andere bestehen? Schließlich sehnen sich die Menschen zu allen Zeiten nach der Schönheit der Form, das zeigen nicht zuletzt auch die hohen Besucherzahlen großer Ausstellungen mit Werken alter Meister.
Arno Breker hat einmal über seine Absicht in der Kunst bekannt: „Die Sehnsucht nach einem humanen Menschenbild ist tief in den Herzen der Menschen verwurzelt. Auch mein Werk ist eine Mitteilung dieser Sehnsucht. So arbeite ich mit dem Ziel, der Würde des Menschen in der Kunst sichtbaren Ausdruck, selbstverständliche Daseinsberechtigung zu verleihen.“ Von diesem Menschenbild des Bildhauers Arno Breker kann man in der Schweriner Ausstellung einen Eindruck erlangen. 70 Plastiken aus allen Perioden sind dort zu sehen – Porträtbüsten bekannter Persönlichkeiten ebenso wie Reliefs und lebensgroße Skulpturen des klassischen Schönheitsideals, aber auch experimentelle Arbeiten aus Stein. H. Steinberg
Die Ausstellung „Zur Diskussion gestellt: Arno Breker“ im Schleswig-Holstein-Haus, Puschkinstraße 12, ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, 22. Juli bis 22. Oktober. Es erscheint ein Katalog.
Arno Breker: Romanichel (Aquarell) |
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